In seiner Werkserie For my mother (2017) beschäftigt sich Andreas Duscha mit einem Phänomen, das in der Literatur selten Beachtung findet: der Autorenwidmung. Das Wort Dedikation lässt sich von "dedicatio" im Lateinischen ableiten, das soviel heißt wie Weihe, Hingabe, oder auch Zueignung. Eine Widmung kann eine einfache Danksagung des Autors bezeugen. Sie kann auch Ausdruck besonderer Zuneigung sein, die der Autor gegenüber einer besonderen Person hegt. Genauso gut kann sie Bezug nehmen auf eine Sache oder ein Ereignis von besonderer Bedeutung.
Die Edition beinhaltet zwölf Stücke aus Spiegelglas, das der Künstler selbst nach einer Methode aus dem 19. Jahrhundert herstellt. Jeder Spiegel trägt eine andere Autorenwidmung eingeätzt in seine Oberfläche, die jeweils einem Werks der Weltliteratur entliehen wurde. Die isolierte Betrachtung der einzelnen Widmungen, die der Künstler übrigens vorrangig aufgrund ihrer poetischen Qualität wählte, erhält diese einen neuen Stellenwert und eröffnet einen neuen Raum für Interpretation und Projektion, losgelöst vom Kontext des jeweiligen literarischen Werks. Es entsteht eine Nebenhandlung, ein weiterer narrativer Raum.
Edition 1/12 - »Dedicated to bad writing«, aus Charles Bukowskis' Pulp
Edition 2/12 - »To my wife Ann without whose silence, this book would never have been written«, aus Philip K. Dicks The man in the high castle
Edition 3/12 – »If there is an amateur reader still left in the world - or anybody who just reads and runs - I ask him or her, with untellable affection and gratitude, to split the dedication of this book four ways with my wife and children«, aus J.D Sailingers Raise High the Roof Beam, Carpenters and Seymour: An Introduction
Edition 4/12 – »To Vik Lovell, who told me, dragons did not exist and then led me their lairs«, aus Ken Keseys One flew over the Cuckoos Nest
Edition 5/12 – »To Geneva Hilliker Ellroy 1915-1958 Mother: Twenty-Nine Years later, This Valediction in Blood«, aus James Elroys Black Dahlia
Edition 6/12 – »To the 12 jurors, three women and nine men, who returned a verdict of „Not Guilty“«, aus D.H Lawrences Lady Chatterly
Edition 7/12 – »To CAROL who willed this Book, To TOM who lived it«, aus John Steinbecks The Grapes of Wrath
Edition 8/12 – »For my mother and father… Ironic in a book devoted to boys who play when their parents are away!«, aus William Goldings Lord of the Flies
Edition 9/12 – »Dedicated to America, whatever that is«, aus Jack Kerouacs Visions of Cody
Edition 10/12 – »For Ezra Pound: il miglior fabbro«, aus T. S. Eliots The Waste Land
Edition 11/12 – »Den Müttern jedes Landes, jeden Volkes, jeder Rasse, jeder Farbe, jeden Glaubens, jeden Tieres, jeder Kreatur, die lebt«, aus B. Travens Die Brücke im Dschungel
Andreas Duscha macht sich die Faktizität der Behauptung zu eigen, wobei er vielfach von gefundenem digitalen Bildmaterial ausgehend, das oft in Zusammenhang mit spezifischen Orten, historischen Begebenheiten und politischen Phänomenen steht. Er baut seine Arbeiten auf dem Potenzial der Möglichkeit und der Imagination auf, filtert Episoden von Geschehnissen, die sich so ereignet haben können; er versucht nicht nachzuweisen, zu bewerten oder zu bezeugen; er dechiffriert, modifiziert, kodiert und inszeniert nach seinen eigenen Parametern, induziert Subjektivität und Singularität in das scheinbar Bekannte, Offensichtliche, Banale.
In einem zugleich verfremdenden und subjektivierenden Prozess verdichtet er Tatsache und Fiktionalität zu neuen Bedeutungsebenen, die er in unterschiedlichen, oft anachronistischen fotografischen Techniken oder analogen Druckverfahren zu vielschichtig verschlüsselten Arbeiten ästhetisch subtiler und zugleich poetisch abstrahierender Bildsprache transformiert.
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