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Charlotte Klobassa und Raphaela Riepl take away (near you)

Ausstellungen

Charlotte Klobassa I Raphaela Riepl
take away (near you)
7 Dezember, 2023 – 27 Januar, 2024

Franz-Josefs-Kai 3/16, 3rd floor
1010 Wien

Öffnungszeiten
Mi – Fr 12 – 18 Uhr
Sa 12 – 16 Uhr

Mit der aktuellen Ausstellung take away (near you) setzt Collectors Agenda Charlotte Klobassa (*1987, Wien) und Raphaela Riepl (*1985, Linz) erstmals in Dialog zueinander.

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Charlotte Klobassas Kunst ist bestimmt von einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Medium der Malerei, innerhalb dessen die Künstlerin ihre eigenen Unzulänglichkeiten hinterfragt und die Charakteristika des gestischen Ausdrucks versucht hervorzuheben. Die Künstlerin sammelt Probenotizen, „Kritzeleien“, wie sie Kund*innen in Schreibwarengeschäften zum Ausprobieren von Stiften hinterlassen. Im Zuge des künstlerischen Prozesses vergrößert und verarbeitet sie diese gestischen und ohne konkreten Gedanken entstandenen Formen schließlich zu ihren „Scribbels“ auf großformatigen Leinwänden. Das Affekthafte und der impulsive Gestus werden betont und die anthropomorphen Formen, denen Klobassamenschlichen Tribut zollt, werden zum Spiegel für die Betrachtenden. Sie versucht sowohl sich selbst als auch das Andere zu formen.

Die künstlerische Arbeit von Raphaela Riepl ist tief in der Auseinandersetzung mit Atmosphäre, Bewegung, Gestik, Licht, Luft, Raum und Zeit verwurzelt. In ihrer zurückhaltenden Materialästhetik verwebt sie diese Themen und lässt dabei einen fein nuancierten Zwischenraum für Gefühle und sinnliches Erleben entstehen. Raphaela Riepls Werke sind von einer atmosphärischen Qualität, wobei die Intensität und Wahrnehmung der Arbeiten von der Tageszeit und der Dauer der Beobachtung abhängig sind. Sie scheinen sich mit dem Raum zu verbinden und mit ihrer Umgebung zu interagieren. In ihrer Materiallosigkeit überwinden sie als leuchtende Gesten das Physische und erweitern den Raum für Zeichnung, beziehungsweise denken die Möglichkeiten für dieses Medium neu.

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In der Gegenüberstellung gehen Charlotte Klobassas gestisch-malerische Werke eine interessante Verbindung mit Raphaela Riepls subtiler Sprache in Form von Licht ein. Der Ausstellungstitel take away (near you) bezieht sich auf einfaches Fast Food-Essen, dessen ständige Verfügbarkeit und die Beiläufigkeit, mit der Menschen alltäglich ihren Hunger stillen. Beide Künstlerinnen schenken unscheinbaren Momenten, gedankenlosen Gesten, und Banalitäten neue Aufmerksamkeit und würdigen diese, indem sie sie betonen und neu kontextualisieren.

Am Anfang des künstlerischen Schöpfungsprozesses steht für beide Künstlerinnen die Zeichnung als Medium, das oft als die intuitivste und impulsivste aller Ausdrucksformen verstanden wird. Bislang unkonkretisierte Ideen und Absichten nehmen so schnell Form und Gestalt an. Beiden Werken scheint ein zarter und sinnlicher Prozess des Findens einer Essenz vorauszugehen, die die Künstlerinnen jedoch auf sehr unterschiedliche Weise fortentwickeln. Im Fall von Raphaela Riepl findet die ursprüngliche Zeichnung ihren Ausdruck in Licht und Luft, während Charlotte Klobassasie im Anschluss akribisch auf malerische Weise umsetzt. In beiden Fällen findet jedenfalls eine intensive Auseinandersetzung mit dem ursprünglich sinnlich-impulsiven Akt der Zeichnung statt. Im Fall von Charlotte Klobassas gesammelten Stiftproben wurde der erste Schritt sogar völlig unbewusst von einer am künstlerischen Prozess unbeteiligten Person ausgeführt und erfährt im Anschluss eine überhöhte Aufmerksamkeit.

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Im Raum ist eine neue kleinformatige Gemälde-Serie Signature Moves von Charlotte Klobassa zu sehen. Die Gemälde zeigen Reproduktionen von „Scribbles“, wie sie für die Künstlerin charakteristisch sind. Jedoch wählt sie dieses Mal anstelle der Leinwand einen seidigen Stoff, der einen milchigen, semi-transparenten Hintergrund bietet, und lässt diesen über die Grenzen des Rahmens hinausragen, wodurch der gestische Pinselstrich erweitert wird. Im Einklang mit ihrer bekannten Arbeitsweise variiert und adaptiert Klobassa auch hier ihre charakteristischen Formen hinsichtlich Farbgebung und Komposition und knüpft subtile Beziehungen zwischen den einzelnen Werken. Außerdem findet sich im Ausstellungsraum ein weiteres Werk. Good Flirt, welches typische Gesten und Elemente aus der Formensprache der Künstlerin vereint.

Als Antwort auf die Ästhetik, die sich aus dem Subtilen und Zwischentönen ergibt, greift auch Raphaela Riepl zunächst auf das Medium der Zeichnung als eigentlichen Ausgangspunkt zurück. Stellvertretend dafür ist im Raum eine neu entstandene Serie von Wandarbeiten, Assorted Flavors, bestehend aus vier Neon-Objekten, die auf organisch geformten Platten leuchten, zu sehen. Die kleinformatigen Werke erfahren durch die größere Arbeit al Lampone (2022), eine zusätzliche Kontextualisierung. Durch die sorgfältig gewählte Abstimmung der Farben untereinander erzeugt die Künstlerin in den Arbeiten eine ätherische Wirkung, die im Dunkeln umso eindrucksvoller wird. Wird bei Tageslicht noch die gestische Zeichnung in ihren scharfen Umrissen erkennbar, durchlaufen die Werke bei Dunkelheit eine Transformation. Die zeichnerische Form wächst über die Plattform hinaus und geht eine fluide, immaterielle Verbindung mit dem Raum und den umgebenden Werken ein. Die Skulptur, Tactile Memories (Friend 1) in der Mitte des Raumes scheint eine besondere Beziehung mit Good Flirt von Charlotte Klobassa einzugehen.

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Der künstlerische Dialog zwischen Charlotte Klobassa und Raphaela Riepl zeichnet sich durch den intuitiven, organischen und sorgfältig orchestrierten Ausdruck aus. Einerseits wird eine Verbindung zwischen der reduzierten, intuitiven Formensprache geschaffen und andererseits wird das Streben danach, das Sublime zwischen den Formen wahrnehmbar zu machen, deutlich. Das gemeinsame Thema des „Dazwischen“ ist inhärent und wird subtil in reduzierter Materialästhetik vereint. Es werden Möglichkeiten zur Reflektion über künstlerische Entstehungsprozesse eröffnet, ohne dabei eine konkrete Erzählung zu verfolgen.

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Text: Livia Klein
Fotos: Florian Langhammer

Links:

@charlotteklobassa
@raphaelariepl

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