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Clemens Wolf »Line Drawings«

Ausstellungen

Der in Wien lebende und arbeitende Künstler Clemens Wolf (*1981) bezeichnet sich selbst als Verfechter der Sinnlichkeit. Sein besonderes Interesse gilt dem Prozess der Transformation, der Verwandlung von Trivialem in ein sinnliches Objekt, sowie dem Unwiederbringlichen. Der gelenkte Zufall spielt in der Herstellung eine bestimmende Rolle. Clemens Wolf hat gelernt, Dinge zuzulassen.

Die von Collectors Agenda am Wiener Franz-Josefs-Kai organisierte Ausstellung zeigt Werke aus zwei wichtigen Werkgruppen von Clemens Wolf: der Serie der Parachute Works und der Expanded Metal Pigment Paintings. Beide Werkgruppen bewegen sich zwischen Figuration und Abstraktion und frieren unwiederbringliche Momente für das Auge des Betrachters ein.

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Beim Betreten des Ausstellungsraums nimmt zunächst ein goldener Fallschirm, der offenbar im Begriff ist in sich zusammen zu fallen, die volle Aufmerksamkeit für sich in Anspruch. Parachute Sculpture (gold) ist ein wesentlicher Bestandteil von Clemens Wolfs Werkgruppe Parachute Works, die Gemälde, Objekte, Zeichnungen und Skulpturen umfasst, für deren Herstellung er ausgediente Fallschirme verwendet. Zunächst auf Leinwand, an der Wand oder im Raum arrangiert, konserviert der Künstler die geworfenen Falten des Fallschirms mit gefärbtem Epoxidharz - für Clemens Wolf ein Symbol für das Flüchtige und Einzigartige.

Die selbe Idee wird auch in den Line Drawings erkennbar, die ebenfalls Teil der Parachute Works und titelgebend für die Ausstellung sind, und sich entlang der Wand vom Hauptraum in den kleinen Nebenraum fortsetzen.

Für seine Line Drawings taucht Clemens Wolf Fallschirmleinen in Epoxidharz und wirft diese auf Papier, wo sie sich in der Lage verfestigen, in der sie landen. Der Gestus der Hand, der die fallenden Schnüre lenkt, wird so erfahrbar. Farbige Epoxidharz-Spritzer, die den Bildträger überziehen, lassen diesen dynamischen Moment ebenfalls nachspüren. Der Künstler bezieht sich direkt auf die Zeichnung, die als umso genialer gilt je „hingeworfener“ und ungezwungener sie ist. Die Leine wir zur Linie und auf dem Blatt Papier zur Zeichnung.

Eine Reihe kleinformatiger Arbeiten, die jeweils aus zwei kontrastierenden Hälften bestehen und an Yves Kleins einzigartige blaue Gemälde erinnern, ergänzen die Ausstellung. Sie stammen aus Clemens Wolfs Werkgruppe Expanded Metal Pigment Paintings. Wieder spielt das Material die tragende Rolle. Dieses Mal kommt Streckmetall als Pinsel und Pigmentpulver zum Einsatz, um abstrakte Bilder zu schaffen, deren ausdrucksstarker Malprozess nicht reproduzierbar ist.

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Clemens Wolf (*1981) lebt und arbeitet in Wien. Seit seinem Abschluss an der Kunstuniversität Linz fasziniert ihn baufälliges Material wie Zäune vor Deponien, verlassene Lagerhallen, unfertige Gebäude sowie andere dem Verfall preisgegebenen Materialien.

In seinen neuesten Arbeiten konzentriert er sich vor allem auf den Transformationsprozess, und lässt sich dabei von seiner eigenen Vergangenheit einholen. Alte ausgemusterte Fallschirme (er ist ein leidenschaftlicher Fallschirmspringer) werden in sinnliche Objekte verwandelt. Nachdem sie in Epoxidharz eingetaucht wurden, werden die Fallschirme in Tondi ausgelegt, aufgehängt oder als Skulptur aufgestellt oder auf Rahmen als Gemälde gespannt, wobei jede Falte akribisch angeordnet und schließlich zum Trocknen gelassen wird. Die Wahl eines so leichten Objekts wie dem eines Fallschirms beschwört den grundlegenden Begriff der Schwerkraft.

Bei der Betrachtung von Clemens Wolfs obsessivem und geheimnisvollem Werk ist offensichtlich, dass er der Grenze zwischen Malerei, Skulptur und Zeichnung große Bedeutung beimisst. Die Oberfläche der Werke mit ihrer lebendigen Farbpalette offenbart eine Welt, die fast organisch ist.

Clemens Wolfs Werk wurde international in Einzelausstellungen in Österreich, Deutschland, der Schweiz, Frankreich, Polen, den USA und China gezeigt und war Teil von Biennalen wie etwa der Istanbul Biennale in 2019. Seine Werke sind in bedeutende private Sammlungen sowie in institutionelle Sammlungen wie die der Albertina und der STRABAG Art Collection gelangt.

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Text: Florian Langhammer
Fotos: Florian Langhammer, Christoph Liebentritt (Portrait)

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