Elisa Alberti I Edin Zenun
26 April – 3 Juni, 2023
Mit der aktuellen Ausstellung setzt Collectors Agenda Elisa Alberti (*1992, Kiel) und Edin Zenun (*1987, Skopje) erstmals in Dialog zueinander.
Elisa Albertis Werk ist bestimmt von einer abstrakten geometrischen Formensprache. Stringent und akkurat ausgeführte geschwungene Flächen, die in einer zarten und nuancierten Farbpalette gehalten sind und immer wieder von sattem Schwarz, Weiß oder warmen Grautönen unterbrochen werden, prägen die Ästhetik ihrer Gemälde. Die komponierten flächigen Rundungen scheinen sich gegenseitig zu beeinflussen, und tatsächlich beabsichtigt die Künstlerin, die gerne in Serien denkt, ein aufeinander Reagieren der Werke sowie eine Herstellung von Bezügen innerhalb dieser. Der malerische und grafische Grundgedanke war schon immer in Albertis Werk vorhanden, wobei sich dieser zu Beginn noch in figurativen Motiven, wie etwa in organisch-pflanzlichen Formen in Verbindung mit abstrakten Formen, äußerte. Nach und nach entfernte Alberti sich jedoch vom Gegenständlichen und entwickelte ihre Arbeit in Richtung reduzierte Abstraktion.
In seiner poetisch anmutenden und gestisch-musikalischen Malerei stellt Edin Zenun die Frage nach der idealen Komposition im Zusammenspiel von Form und Farbe. Große Aufmerksamkeit widmet er dabei auch der Materialität von Farbe, wofür er mit handgemachten Pigmenten, Öl und Ton experimentiert. Seine Gemälde bewegen sich zwischen Abstraktion und Figuration, wobei das Verlangen, aus Bestehendem oder Bekanntem Neues zu schaffen, als eine der treibenden Kräfte seiner künstlerischen Produktivität erkennbar wird. Dabei stützt er sich auf Jacques Derridas Theorie der „Hauntologie“ – ein Konzept, das sich auf die Rückkehr oder Beständigkeit von Elementen, sozusagen auf die Geister der Vergangenheit bezieht. Obwohl er diese Rückbesinnung auf das Vergangene als irreführend und sogar ungesund betrachtet, eröffnen sich durch die Diskrepanzen zwischen Idee und Realität Entdeckungsmöglichkeiten, die in seine Arbeit einfließen.
In der Gegenüberstellung gehen Edin Zenuns eher impulsive gestische Werke spannende Verbindungen mit Elisa Albertis stringenter, minimalistischer Formensprache ein. Tuschearbeiten auf Papier treffen auf gebrannten Ton. In beiden Fällen haben Künstlerin und Künstler auf ein Medium zurückgegriffen, in dem sie üblicherweise weniger oder gar nicht arbeiten, wodurch für Betrachter*innen nochmals ein ganz neuer Blick auf die wesentlichen künstlerischen Prioritäten von Alberti und Zenun ermöglicht wird.
Elisa Alberti, die in ihrer künstlerischen Praxis eher auf Leinwand oder Holzblöcken arbeitet, hat sich für ihre Serie abstract relationships (2022), bestehend aus 16 Werken, sogar zum ersten Mal überhaupt mit Keramik als Bildträger beschäftigt. Wie aus ihren anderen Arbeiten bekannt, variiert und adaptiert Alberti auch hier ihre charakteristischen Formen in ihrer Farbgebung und Komposition und stellt Beziehungen zwischen den einzelnen Werken her. Zu der sonst so strengen Ästhetik und akkuraten Ausführung ihrer geometrischen Formen, gesellt sich hier jedoch ein unerwartetes Moment der Imperfektion, bedingt durch die besondere Materialität von Ton und die teilweise schwer einzuschätzenden Reaktionen im Brennvorgang, ähnlich dem Wabi-Sabi, einer japanischen ästhetischen Denkweise, die eng mit dem Zen-Buddhismus verbunden ist und den Zustand der Unvollkommenheit bzw. das niemals Abgeschlossene für die Wahrnehmung von Schönheit heranzieht und in vielen japanischen Künsten wie etwa der japanischen Gartengestaltung, dem Bonsai, dem Ikebana oder japanischer Keramik zu finden ist.
Wie als Antwort auf diese Schönheit, die aus dem Unvollkommenen erwächst, greift auch Edin Zenun für seine Tuschezeichnungen auf handgeschöpftes und grob von Hand gerissenes China-Papier zurück. Teilweise an kalligraphische Strukturen, teilweise an Kleckse eines Rorschach-Tests erinnernd, stellen die schwarz-weißen Zeichnungen aus Taking Cuts (2023) einen Kontrast zu den farbigen Flächen von Alberti dar und setzen sich über die strenge Geometrik hinweg, wobei sich Zenuns Formensprache immer knapp an der Grenze zum Darstellenden oder zumindest zum Assoziativen bewegt. Bald wird aber erkennbar, dass sich auch seine Zeichnungen aufeinander beziehen, indem sie Elemente voneinander aufgreifen, diese vervielfachen, reduzieren oder intensivieren.
So begegnen sich die Werke von Elisa Alberti und Edin Zenun einerseits in ihrem intuitiven, organischen und konzertierten künstlerischen Ausdruck, der eine Brücke zwischen reduzierter, abstrakter Formensprache sowie der Lust beider Positionen auf das Experimentieren mit Neuem schafft.
Text: Livia Klein