Gerold Miller
14 November – 21 Dezember, 2024
Franz-Josefs-Kai 3/16, 3. Stock
1010 Wien
Öffnungszeiten
Mi – Fr 12 – 18 Uhr
Sa 12 – 16 Uhr
An Feiertagen geschlossen
Das Werk des deutschen Objektkünstlers Gerold Miller (*1961, Altshausen) ist stark geprägt von der minimalistischen Form, die in seinen Wandobjekten durch radikale Monochromie und geometrische Abstraktion ihre volle Wirkung entfalten. Miller untersucht die Möglichkeiten und Bedingungen von Bildlichkeit im Grenzbereich von Skulptur, plastischem Objekt, umgrenzter Wandfläche und skulptural-bildhaft definiertem Raum als Bildträger. Die Werke sind demnach stets in der Realität verankert, wobei die betonte Materialität bestimmter Werkgruppen Situationen schafft, die der Künstler als physische und psychische Konfrontation beschreibt. Formen und Farben werden als eigenständige Objekte betrachtet, wobei der Versuch unternommen wird, den fragmentierten Charakter unserer visuellen Kultur zu systematisieren und durch einzelne Elemente wieder zu integrieren.
Verankert in der Tradition der italienischen Avantgarde der 1950er und 1960er Jahren, beschäftigt sich Miller mit dem Verhältnis von Denkbarkeit und Sichtbarkeit, von geometrischer Eindeutigkeit und visueller Mehrdeutigkeit sowie der Öffnung des Bildraums in die Realität. Die Vorstellung des Bildes erschöpft sich für Miller nicht in der bloßen Sichtbarkeit minimalistischer Strukturen, sondern geht weit darüber hinaus in einen konzeptuellen Bereich, der sich der physischen Greifbarkeit entzieht und nur noch auf der gedanklichen Ebene existiert. Weiterführend sind die amerikanische Kunst der 60er sowie die Neo-Geo Bewegung der 80er, mit Vertreter:innenwie Gerwald Rockenschaub, wichtige Einflüsse in Millers künstlerischem Schaffens.
Für Collectors Agenda gestaltet Miller eine Edition aus der Werkgruppe total objects, bestehend aus 15 Exemplaren, von denen jede Arbeit als Unikat betrachtet werden kann. Die Serie total objects verfolgt den Ansatz, einen erweiterten Begriff von Bildqualität zu formulieren, der sich weder eindeutig als Malerei noch als Objekt einordnen lässt. Das Werk, das sowohl rahmenlos ist und gleichzeitig als Rahmen fungiert, spiegelt die Tendenzen der zeitgenössischen Bildkultur zu makellosen Oberflächen wider. Die aubergine-farbene Wandskulptur kann auf vielfältige Weise interpretiert werden und agiert sowohl als „Null“ als auch als reine ästhetische Form. Damit ist total object 360 in das für die Kunst der 1960er Jahre typische Paradoxon eingebettet, bei dem Reduktion und Exzess, Anti-Illusionismus und Illusionismus als gegensätzliche Pole im Umgang mit dem Bild aufeinandertrafen – im Höhepunkt von Minimal- und Pop-Art.
Neben total object 360 präsentiert Miller in seiner Ausstellung bei Collectors Agenda auch weitere Werke, darunter die Skulptur Verstärker 18, deren Form der Künstler im Jahr 2016 entdeckte und seither in einer Vielzahl von Farben und Materialien reproduziert hat. Die freistehende Plastik visualisiert die grundlegenden Bedingungen von Skulptur – Material, Masse und Dimension – und ist in Höhe, Breite und Tiefe reduziert. Durch das reflektierende Metall erzeugt das Objekt überraschende optische Eindrücke, in denen Boden, Decke und Wände auf irritierende Weise miteinander verschmelzen, wodurch der Raum nahezu labyrinthartig neu geordnet wird. Durch ihre spiegelnde Oberfläche bezieht es die Betrachter:innenein und verwandelt sie für einen flüchtigen Moment in einen aktiven Teil des Geschehens.
Schon immer spielt die betrachtende Person als kritische Instanz und aktive:r Teilnehmer:in eine wichtige Rolle in Millers Praxis. Der Künstler bietet nie nur ein „Gemälde“ oder eine „Skulptur“ im traditionellen Sinne, sondern geht von einem noch zu gestaltenden skulpturalen Raum aus, der als Projektionsfläche für Bilder fungiert. Die eigentliche Bildfindung wird dabei aber den Betrachter:innen überlassen. Auch in der Ausstellung bei Collectors Agenda spielt die Inszenierung von Kunst als Ort und Realität eine wesentliche Rolle, indem die Perspektive der Betrachter:innen auf sich selbst und gleichzeitig im Verhältnis zum Raum herausgefordert wird. Ein neuer Prozess entsteht, wobei Kunstwerk und Betrachter:in miteinander verschmilzt. Raum und Zeit, Stillstand und Bewegung, Betrachter:in und Werk vereinen sich zu einem Gesamtkunstwerk.
Text: Livia Klein
Fotos: Florian Langhammer
Portraitfoto: Patrick Desbrosses
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