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Carsten Fock »Painting and Its Discontents«

Ausstellungen

Carsten Fock
»Painting and Its Discontents«
6 Dezember, 2022 – 14 Januar, 2023

Collectors Agenda freut sich, Carsten Focks Ausstellung Painting and Its Discontents präsentieren zu können. Der Ausstellungstitel spielt auf Civilization and ItsDiscontents, den englischen Titel von Sigmund Freuds 1930 veröffentlichtem Buch Das Unbehagen in der Kultur an. Darin vertritt er die These, die Kultur unterdrücke die Befriedigung sexueller und aggressiver Triebe und wandele die Aggression in Schuldgefühle, um menschliche Beziehungen zu regeln und gesellschaftlichen Zusammenhalt zu schaffen. Der Preis dafür ist zunehmendes Leid, Unterdrückung der individuellen Freiheit, und ein zunehmendes Bedürfnis nach Bestrafung. Freuds kulturpessimistische Schrift nimmt dabei fast prophetisch das kommende Grauen des Nationalsozialismus und die Gewalt des 2. Weltkriegs vorweg. Am Ende seines Essays, der die Psychoanalyse politisiert, stellt er polemisch die Frage, ob es nicht die Kultur selbst sei, die „neurotisch“ geworden ist und therapiert werden muss.

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Fock überträgt diese Idee der kulturellen Unterdrückung auf die Malerei: in Anspielung auf die expressiven und gestischen Strömungen der Moderne und Nachkriegsmoderne, die sich durchaus kulturkritisch auf das Unbewusste, inneres Erleben, Intuition und Affekt beriefen. Zugleich ergibt sich auch ein Bezug zu den zivilisatorischen Katastrophen der Gegenwart, die ökologischen, ökonomischen und geopolitischen Dauerkrisen, die in vielen Aspekten an die Stimmung vor dem 2. Weltkrieg erinnern. In Painting and Its Discontents formuliert der in Bamberg und im dänischen Vejby lebende Künstler mit einfachen und sehr reduzierten Mitteln auch sein Unbehagen in der Post-Corona Kultur und in der aktuellen Malerei – sowohl in der Kunstszene, als auch in seiner eigenen Praxis.

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Die 10 Monotypien entstanden an einer Art Rückzugsort, Focks Studio in Vejby, an der Steilküste des Kattegats, wo er in völliger Abgeschiedenheit arbeitet. Hier realisierte er zwischen September 2020 und Januar 2021, in der zweiten Corona-Welle, erstmals gegenstandslose, sämtlich mit den Fingern gezeichnete Papierarbeiten, in denen sich ein Horizont, Lichtverhältnisse, Farben, Witterung andeuten. Diese Reduktion war auch eine Reaktion auf das kollektive und persönliche Gefühl, in einer Sackgasse zu stecken. Bei den „Landschaftsbildern“ ging es um Neuanfang, das buchstäbliche Loslassen von Erwartungen, Kontrolle, Vor- und Nachbildern, dem Wissen um Kunstgeschichte und aktuellen Diskursen.

Diesen Ansatz überträgt Fock nun in die Monotypie. Die Monotypie ist ein grafisches Verfahren der manuellen Bilderzeugung, das in der Regel nur einen einzigen Abdruck mit aquarellartiger Wirkung und malerischen Effekten erzeugt. Dabei wird eine mit Farbe oder Tinte bemalte oder bestrichene „Druckplatte“ aus Metall, Holz, oder anderen Materialien auf eine glatte Oberfläche gepresst. Fock nutzte hierbei eine flexible Druckplatte aus auf Karton gespannter Leinwand, die er immer wieder bemalte und auf identisch große Leinwände presste. Entscheidend ist bei dieser Technik die Bereitschaft zur streckenweisen Aufgabe von Kontrolle durch die Künstler*innen. Die Akzeptanz des Zufalls und der Unvorhersagbarkeit des Endergebnisses spielen bei der Herstellung von Monotypien eine große Rolle.

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Zugleich machte Fock klare konzeptionelle Vorgaben. Jede Leinwand ist mit immer gleich großen Farbfeldern bemalt, einer größeren silbernen Fläche und einer schmaleren Fläche im oberen Feld, bei der die Farbe auf jedem Bild wechselt. Die Druckplatte wurde gestisch in immer wieder derselben Reihenfolge von Farben bemalt: Türkisblau, Hellblau, Rot- Orange, Gelb, Dunkelbraun. Dabei entstanden durch minimale Farbverschiebungen und Eintrocknung immer wieder neue Effekte. Was aber gleich bleibt, ist der „Horizont“ der wie eine Grenze zwischen Meer und Himmel andeutet, dass es sich hier um ein Landschaftsbild handeln könnte.

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Die Auseinandersetzung mit der Landschaftsmalerei ist ein zentraler Aspekt in Focks künstlerischem Werk. In seinen Gemälden und Malereiinstallationen verband der in der ehemaligen DDR aufgewachsene und 1988 in die Bundesrepublik geflüchtete Künstler über Jahrzehnte die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie und die kritische Hinterfragung der Ost-West-Malerei im geteilten Deutschland der sechziger und siebziger Jahre. Dabei thematisierte er immer wieder die ideologische Rolle der Kunst und des Künstlers, die Machtverhältnisse, die Malerei repräsentiert. Nicht zufällig erinnert die Farbfeldmalerei auf den aktuellen Bildern an Maler wie Günther Förg oder Blinky Palermo. Der Einsatz der Monotypie ist zugleich eine Hommage an Focks Lehrer Per Kirkeby, der sich mithilfe dieser Technik insbesondere mit der komplexen Wahrnehmung von Natur und spiritueller Erfahrung auseinandersetzte.

Text: Oliver Koerner von Gustorf

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