No Stars, But Stripes ist ein ironischer Kommentar zur aktuellen Situation in den USA – eine Nation, deren Gesellschaft durch ihre politische Führung gespalten ist – wobei Jacob Dahlgren sich seines Archivs von mehr als 2.000 gestreiften T-Shirts bedient.
Es war seinerzeit die kontinentale Marine, die die Farben als Zeichen einer neu geborenen Nation im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg festlegte. Am 14. Juni 1777 beschloss der Zweite Kontinentale Kongress die Flaggen-resolution, die besagte, dass die Flagge der dreizehn Vereinigten Staaten aus dreizehn Streifen, wechselnd zwischen rot und weiß, bestehen und ihre Union durch dreizehn Sternen, weiß in einem blauen Feld, gekennzeichnet werden solle.
Es herrscht die weitläufige Meinung, dass Betsy Ross, eine Quäker und Polsterin, seinerzeit den Auftrag erhielt, die erste Amerikanische Flagge zu nähen. Trotz der Resolution von 1777 waren in den frühen Jahren der amerikanischen Unabhängigkeit verschiedene Varianten der Flagge in Gebrauch, da die Flaggenresolution die genaue Anordnung ihrer Elemente, wie etwa die Platzierung der Sterne, oder ob die Flagge nun aus sieben roten und sechs weißen Streifen, oder umgekehrt, bestehen sollte, vorgeschrieben hatte.
Bis heute wurde die Flagge offiziell sechsundzwanzig Mal überarbeitet. Über die Jahre wurde die Amerikanische Flagge mit starker Symbolik ausgestattet, um die heranreifende Nation unter einem gemeinsamen Wertesystem zu vereinen. Angeblich stand Weiß für Reinheit und Un-schuld, Rot war stellvertretend für Tapferkeit und Wider-standsfähigkeit, und Blau war symbolgebend für Wachsamkeit, Ausdauer und Gerechtigkeit.
In seiner Ausstellung No Stars, But Stripes stellt Jacob Dahlgren alternative formale Darstellungen der Amerikanischen Flagge zur Disposition, als ob das Nationalsymbol nochmals neu erfunden und von Betsy Ross zusammengenäht werden müsse. Dem physischen Ausstellungsformat am Franz-Josefs-Kai ging eine digitale Performance auf Jacob Dahlgrens Instagram Feed – vom 9. bis 22. April, 2018 – voran, wofür der Künstler jeden Tag ein anderes T-Shirt trug.
Die getragenen T-Shirts verwendeten die Farben Rot, Weiß und Blau – die Elemente der Amerikanischen Flagge – auf unterschiedliche Weise. Charakteristisch für Dahlgrens Bestreben nach minimalistischer Ausdrucks-form und sein obsessives Abarbeiten an Streifenmustern, sind natürlich keine Sterne, sondern nur Streifen vertreten.
Die vierzehn ausgestellten Werke stellen die Fortsetzung von Dahlgrens vierzehntägiger virtueller Schau dar. Sie verwenden die Streifenmuster der von ihm an den jeweiligen Tagen getragenen T-Shirts in abstrakter Form.
Jacob Dahlgren (geb. 1970) lebt und arbeitet in Stockholm. Er studierte von 1994 bis 1999 an der Königlichen Kunsthochschule Stockholm, erhielt 1999 seinen Master of Fine Arts, und vertrat Schweden im Nordischen Pavillon auf der 52. Biennale di Venezia.
Jacob Dahlgrens Werk erörtert den Dialog zwischen der bestimmenden Eindeutigkeit der reinen abstrakten Form und ihrer Rolle im Kontext einer wandlungsfähigen, komplexen Gesellschaftskultur. Dahlgrens repetitive Anordnungen von allgegenwärtigen alltäglichen Gegenständen, die er oft aus dem Hausgebrauch oder aus industriellen Fertigungsprozessen bezieht, beziehen sich auf modernistische abstrakte Malprozesse und andere ideologisch besetzte Themenfelder des zwanzigsten Jahrhunderts.
Die Objekte selbst sind dabei Ausdruck des kollektiven und menschlichen Natur einer Gesellschaft, wobei jedes einzelne eine individuelle Entscheidung des Einzelnen bedeutet, dieses auf eine bestimmte Weise zu verwenden. Arrangiert werden die Gegenstände zum Ausdruck des Willens einer Gruppe oder Gemeinschaft.
Ausgewählte Ausstellungen: Museum Ritter, Sammlung Marli Hoppe-Ritter, Waldenbuch (2017) MAGASIN – Centre National d’Art Contemporain, Grenoble (2016) KIASMA, Museum of Contemporary Art in Helsinki (2013, 2011, 2010), Henry Art Gallery, Seattle (2010, 2013), Collective Gallery Edinburgh (2013), Galleri Andrehn-Schiptjenko Stockholm (2013, 2009), Galerie Anhava, Helsinki (2015, 2013, 2009, 2002), Gallery 400 at University of Illinois at Chicago (2012), Workplace Gallery Gateshead UK (2012, 2011), Fundació Joan Miró, Barcelona (2010), Schirn,Kunsthalle, Frankfurt (2011), Daimler Art Collection, Berlin (2010) Forum d’Art Contemporain Luxemburg (2010) Bielefelder Kunstverein (2009), Momentum, Galleri F 15 Moss (2009) Turner Contemporary Margate UK (2009) 52nd Venice Biennale di Venezia (2007), P.S.1 Contemporary Art Center/MoMA, New York (2006) Kunsthalle Budapest (2006), October salon, Belgrade(2006) Moderna Museet, Stockholm (2006), Malmö Konsthall (2005),Tramway, Glasgow (2002)
Text: Florian Langhammer
Fotos: Florian Langhammer
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