Martin Lukáč
»No Escape«
13 Mai – 19 Juni, 2021
Die Gemälde von Martin Lukáč (*1989, Slowakei) sitzen irgendwo zwischen den Stühlen. Es geht eine seltsame Art von Energie von ihnen aus. Lukáč verfügt über die seltene Fähigkeit, zwei scheinbar gegensätzliche Tendenzen in der zeitgenössischen Malerei zu vereinen: Weder völlig figurativ noch völlig abstrakt, sind seine Bilder unermüdlich energisch und widerspenstig, während sie gleichzeitig Eleganz und Zeitlosigkeit ausstrahlen und in sich ruhen.
Wiederholung und Exzess sind in Lukáčs Werk allgegenwärtig und suggerieren ein langes Streben, einen zwanghaften und erschöpfenden Prozess. Seine Werkserien basieren auf der Iteration von einfachen, kraftvollen grafischen Elementen und abstrakten Ideen. Seine Wiederholungen verfügen über eine ästhetische Wucht, als wollten sie das Wesen der Malerei unterstreichen.
Sobald Lukáč ein Motiv für sich entdeckt, das seine Aufmerksamkeit fesselt, löst er es aus seinem Kontext, wiederholt es mehrfach, sogar innerhalb der Grenzen derselben Leinwand, bis es sich völlig erschöpft hat (oder vielleicht auch nicht?) und gelangt in den meisten Fällen zu vibrierenden expressionistischen Abstraktionen, die die wahre Natur seiner künstlerischen Erkundungen offenbaren.
In jüngerer Zeit lässt der Künstler auch figurative Elemente einfließen, wie fiktive Charaktere und Aneignungen aus der Populärkultur, die er absichtlich vereinfacht malt und brachial über aufwändige Hintergründe legt - in einem Akt, der die abstrakte Qualität der Werke gleichzeitig negiert und bestätigt.
Collectors Agenda zeigt ausgewählte Werke von Martin Lukáč, die zwischen 2015 und 2021 entstanden sind und seinen Weg von seinen impulsiven, rein abstrakten expressionistischen Gemälden bis hin zu seinen ikonischen figurativen popkulturellen Gemälden beschreiben sowie Einblicke in seine Erkundung mit alternativen Formen der Wiederholung bieten.
Die Mehrzahl der Werke in der Ausstellung findet ihre Inspiration in der avantgardistischen und elitären Bildsprache, die sich auf die hundertjährige Geschichte der abstrakt-expressionistischen Malerei beruft. Diese Bilder scheinen sich zwischen dem Amorphen und dem Moment, in dem eine Form entsteht und Gestalt annimmt, zu bewegen.
Wie für Lukáčs Arbeitsweise typisch, variieren auch die hier ausgestellten Gemälde ihre Motive und ergründen sie, bis sie ausgeschöpft sind. Diese Motive sind oft geschichtet und in einer charakteristischen Matrix aus vier Quadranten angeordnet, die als bekanntes, fast emblematisches Motiv der Moderne in Erscheinung tritt. Lukáčs Bildkompositionen kombinieren verschiedene Bildsprachen der Vergangenheit und rekonfigurieren sie für neue Kontexte. Der Reichtum und die Originalität der formalen Zusammenhänge und der implizierten Symbolik, die der Künstler hervorbringt, ist schwer zu erfassen. Der abstrakten Tradition folgend scheinen sie eher an das Unbewusste zu appellieren.
2014 begann sich Lukáč für eine serielle Produktionstechnik namens Risografie zuinteressieren. Bei der Risografie handelt es sich um ein Schablonendruckverfahren, das in Anlehnung an den Siebdruck im Zylinderdruckverfahren ausgeführt wird.
Entwickelt wurde das Verfahren von der japanischen Firma Riso, von der es auch seinen Namen erhielt. Die Methode ermöglicht es Lukáč, immer wieder einfache und kontrastreiche Formen und visuelle Motive zu erzeugen, die er im Laufe der Serie variiert und neu kontextualisiert.
Die so dargestellten Figuren scheinen vage an vertraute abstrakte modernistische Formen wie die von Eduardo Chillida zu erinnern, aber wenn man nach ihrer wahren Natur fragt, bleiben sie nur sich selbst gegenüber verantwortlich.
Stellvertretend für Martin Lukáčs eher figurative Arbeiten zeigt die Schau eines seiner „turtle paintings“, die er, seitdem er sie erstmals 2019 bei Duve Berlin in einer Schau mit dem Titel I'd rather be with you zeigte, über die Jahre hinweg in Form und Farbe, in popkultureller Manier exzessiv variiert hat.
Die Teenage Mutant Ninja Turtles sind bekannte Ikonen des kulturellen Milieus von Lukáčs Generation, die in den komplexen Jahren der post-sozialistischen Transformation der Slowakei aufwuchs. In den 1990er Jahren wurden Lukáč und seine Altersgenossen von visuellen Darstellungen dieser kulturellen Helden überschwemmt. Sie wurden zu einem Kulturgegenstand und wurden als solcher von vielen Produktkategorien aufgegriffen, oft mit vielen Herstellungsfehlern, Verfärbungen oder anderen visuellen Eigenheiten, die sich von den Prototypen unterschieden.
Text: verfasst von Florian Langhammer, basierend auf übernommenen Teilen aus Texten von Chris Sharp, Peter Medyeši, Christina Gigliotti und František Fekete
Fotos: Christoph Liebentritt