En

Peter Jellitsch I Niko Abramidis &NE »Codes«

Ausstellungen

Peter Jellitsch I Niko Abramidis &NE
»Codes«
27 Oktober – 25 November, 2023


Collectors Agenda
Franz-Josefs-Kai 3/16, 3. Stock
1010 Wien


Eröffnung
Mi 25 Oktober, 18–20 Uhr

Ausstellung
27 Oktober – 25 November
Mi–Fr, 12 – 18 Uhr
Sa, 12 – 16 Uhr



Collectors Agenda stellt mit Codes Peter Jellitsch (*1982, Villach) und Niko Abramidis &NE (*1987, München) erstmals in einer Ausstellung gegenüber.

08 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer

In seiner Kunst erforscht Niko Abramidis &NE eine breite Palette wirtschaftlicher Strukturen und Zukunftsperspektiven. Mit geheimnisvollen Logos, Objekten und digitalen Welten konstruiert Abramidis &NE in seinen Zeichnungen, Gemälden, Skulpturen und Rauminstallationen alternative Realitäten. Indem er antiken Symbolismus mit skizzenhaften Zeichnungen verbindet und fiktive Unternehmensentitäten mit entlehnten Artefakten aus der globalen Wirtschaft schafft, macht er humorvolle Beobachtungen und zieht Verbindungen zu Themenfeldern wie etwa Science-Fiction, Philosophie und wirtschaftlichen Prozessen.

Die konzeptionellen, ursprünglich hauptsächlich schwarz-weiß Zeichnungen von Peter Jellitsch bewegen sich an der Grenze zwischen digitaler und analoger Welt. Seine Arbeit kann als eine Betrachtung der soziokulturellen Veränderungen verstanden werden, die durch das Internet in Gang gesetzt wurden. Die Eleganz und Einfachheit seiner Zeichnungen enthüllen eine Geschichte über die Darstellung und Veränderung von Raum und die mit unserem täglichen Leben verwobenen Prozesse. Durch die physische Handlung des Zeichnens macht Peter Jellitsch das verborgene Reich der Daten wahrnehmbar und verleiht ihnen eine visuelle Dimension. Durch die symbolische Darstellung von Daten in seinen Data Drawings, die aus Messdaten von WLAN-Verbindungen gewonnen wurden, verwandelte der Künstler seine Datenerfassungen in ein kreatives und nicht funktionales topografisches Panorama, das den Raum an sich auf neue Weise darzustellen vermochte.

04 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer
03 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer

In der Ausstellung bei Collectors Agenda werden beide künstlerische Positionen gegenübergestellt und miteinander verwoben. Während Abramidis&NE Prototypen von Maschinen schafft, die aus einer anderen Zeit zu stammen scheinen, die er aber mit einer archäologischen Patina in die Gegenwart übernimmt, schafft Jellitsch neu angeordnete Raster, die als grundlegendes Designsystem der Moderne dienen sollen, um Einheitlichkeit und Reproduzierbarkeit zu fördern – ein Prinzip, das auch auf die Standardisierung von sozialen Systemen und breitere soziopolitische Entwicklungen übertragen werden kann.

06 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer
02 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer

Die Edition Creature PNL (eagle) umfasst acht unterschiedliche metallisch glänzende Platten. Niko Abramidis &NE setzt diese in Bezug zu einer Arbeit aus dem bekannten Werkzyklus der sogenannten Cryptic Machine Prototypes – rätselhafte, archaisch wirkende Maschinen oder Automaten, die Symbolismus und Technologie aus verschiedenen Zeitspannen menschlicher Entwicklung in sich zu vereinen scheinen. Durch rohen Stahl dringt mystisch farbiges Licht. Rätselhafte, kaum zu entschlüsselnde Symbole und PIN-Pads suggerieren eine mögliche Funktionalität und Bedienbarkeit der Maschinen durch den Menschen, die dennoch undurchschaubar bleiben.

Für Creature PNL (eagle) graviert der Künstler händisch jeweils eine Version eines Adlers in Holz, begleitet von einem Symbol, das an ein Währungszeichen erinnert. Der Adler fungiert typischerweise als Machtsymbol von Regierungen und wird gerne eingesetzt, um Stärke zu zeigen oder Vertrauen zu gewinnen. Nicht umsonst tritt der Adler häufig als Wappentier auf oder prangt stolz auf Geldscheinen und Münzen. Die comic-artige Ausführung des Künstlers zieht dieses Symbol der vermeintlichen Stärke jedoch ins Groteske. Mal schaut der Adler grimmig, mal beinahe bemitleidenswert.

11 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer

Wie schon der Werktitel andeutet, lassen sich zudem auch Bezüge zu Niko Abramidis &NE‘s andauernde Serie von Arbeiten mit dem Titel PNL, die Zeichnungen in Gravuren übersetzt, die dort mit Zeichensysteme verwoben werden. PNL steht im Finanzbereich für „profit and loss“, also die Gewinn und Verlustrechnung. Auf verschiedenen Ebenen scheint uns der Künstler mitzuteilen, dass unser oft so unerschütterliches Vertrauen in die kapitalistischen Kräfte des freien Marktes und seiner Lenker möglicherweise unbegründet ist.

07 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer
14 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer

Peter Jellitsch entwickelte für die Ausstellung eine Serie mit dem Titel September Variations, bestehend aus mehreren Zeichnungen, die eine Kombination aus Buntstift und Acryl sind. Der Künstler verwendet das gleiche Motiv in verschiedenen Farben und Formen und entzieht es damit seinem ursprünglichen Kontext. Während dieses Prozesses dekonstruiert Jellitsch das ursprüngliche Bild und manipuliert seine Eigenschaften wie Größe, Proportion und Farbe nach Belieben.

Der Ursprung dieser Zeichnungen lässt sich auf Jellitschs Leinwandserie Rearrangements zurückführen, bei der er vier Leinwände sorgfältig miteinander verbindet und so unterschiedliche Wiederholungen des gleichen Bildes entstehen. Die Serie lässt auch Jellitschs zunehmendes Interesse der letzten Jahre an der Skalierung seiner Motive und dem Zusammenfluss von Zeichnung und Malerei erkennen. Die von Jellitsch regelmäßig verwendeten Motive von Palmblättern oder ganzen Palmenwäldern wurden ursprünglich durch seine Entdeckung von künstlichen Palmen in Los Angeles angeregt, die als getarnte Mobilfunkmasten die natürliche Umgebung nachahmten um sich nahtlos in das Stadtbild zu integrieren.

13 codes p jellitsch n abramidis c Florian Langhammer

Während Niko Abramidis &NE wirtschaftliche Strukturen und Zukunftsperspektiven in seinen Werken erforscht, beschäftigt sich Peter Jellitsch mit der Schnittstelle zwischen digitaler und analoger Welt. Beide künstlerischen Positionen verzerren unsere herkömmlichen Wahrnehmungen von Zeit, gestalten den Ausstellungsraum und eröffnen somit einen Dialog zwischen Vergangenheit und Gegenwart. Sie betonen die komplexe und undurchsichtige Natur der heutigen wirtschaftlichen Prozesse und digitalen Räume und lenken die Aufmerksamkeit auf deren Komplexität und Undurchschaubarkeit.

Text: Livia Klein
Fotos: Florian Langhammer

Connect with us
Als Subscriber erfahren Sie als erstes von neuen Stories und Editionen und erhalten unser zweiwöchentliches Culture Briefing.