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Regine Schumann, Jonny Niesche »Transition«

Ausstellungen

»Transition«

Transition zeigt zwei internationale zeitgenössische Positionen, Regine Schumann und Jonny Niesche, deren Werk sich zwischen dramatischer Leuchtkraft und minimalistischem Purismus bewegt. Die Schau rückt das Interesse der beiden Künstler an Übergangssituationen, dem Wechsel von einem Zustand zum anderen und der damit verbundenen atmosphärischen Transformation durch Farbe, Licht und Raum, in den Vordergrund. Es ist das erste Mal, dass die beiden Künstler gemeinsam zeigen.

Regine Schumann (*1961 in Goslar, Deutschland) befasst sich mit Lichteffekten, die durch fluoreszierende Materialien entstehen. Zu ihren Materialien gehören UV-reaktive farbige Plastilight-Schnüre und Acrylplatten, die sie nach der Farben-lehre Goethes zu komplexen Farbräumen zusammen setzt. Ihre Werke verändern je nach Tageslichtsituation ihre Leuchtkraft. Tatsächlich aber erfahren ihre Leuchtkästen erst bei UV-Licht eine drastische Veränderung von Farbe und Räumlichkeit, wobei sie ihr Farbspektrum um ein Vielfaches erweitern. Trotz der intensiv leuchtenden Eigenschaft ihrer Werke sucht Schumann nicht das Spektakuläre. Vielmehr geht es ihr um die positive und meditative Wirkung, die Kunst auf den Menschen ausüben kann.

Die Werke von Jonny Niesche (*1972, Australien) verfolgen ähnliche Themen. Wie Schumanns Lichtskulpturen setzen sich Niesches Gemälde, Skulpturen und Installationen intensiv mit der Wahrnehmung von Farbe, Fläche und Räumlichkeit auseinander und erzeugen dabei eine ähnlich meditative Wirkung. All seinen Arbeiten gemein ist, dass sie das Ziel verfolgen, tiefer gehende Raumerfahrungen zu schaffen, die den Geist frei und ruhig werden lassen, und einen Zustand herbei führen, der einen einfach im Moment verweilen lässt – ein persönlicher Moment der „performativen Kontemplation“, wie Niesche es nennt.

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Schumann und Niesche fördern eine Leichtigkeit zu Tage, die das tatsächliche Gewicht der verwendeten Materialien leugnet, respektive sich darüber erhebt. Beide sind gleichermaßen auf Licht wie auf atmosphärische und raumsituative Bedingungen angewiesen, die sich auf ihre Werke und die Art wie sie wahrgenommen werden unmittelbar auswirken.

Schumann möchte das architektonische Umfeld, in dem ihre Werke existieren, um eine Dimension der Schwingung und, wie sie es nennt, die Konfiguration einer Raumtemperatur, die eine räumlich erfahrbare Plastizität erzeugt, erweitern. Ähnlich interessiert sich Niesche für Stimmungen und die Untersuchung der Atmosphäre eines Raumes im Sinne einer eigenen „ästhetischen Kategorie“ (nach dem schweizer Architekten Peter Zumthor).

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In der künstlerischen Praxis sowohl Schumanns als auch Niesches gibt die Klarheit der Formsprache der Farbe enormen Raum und umgekehrt. Offensichtlich haben beide Künstler eine Wertschätzung für die großen Pioniere der Lichtkunst wie Dan Flavin, Larry Bell, Robert Irwin, Keith Sonnier oder James Turrell. Im Gegensatz zu einigen der genannten Künstler, deren Werke eher statisch und monumental erschei-nen mögen, scheinen sich die Werke von Schumann und Niesche jedoch eher auf dynamische Erfahrungen zu setzen, sind diese doch einem ständigen Wandel unterworfen.

Betrachtet man Schumanns Leuchtkästen aus verschiedenen Blickwinkeln, so treffen verschiedene Schichten von Leuchtplatten auf unterschiedliche Weise aufeinander und entwickeln jedes Mal aufs Neue eine spektakuläre Dramaturgie von Raum, Licht und Farbe. Niesches Werk setzt sich mit dem Licht im eher übertragenen Sinn auseinander. Seine Farbverläufe evozieren das Gefühl beim Betrachten eines Sonnenuntergangs am Meer, möglicherweise an der Ostküste seines Heimatlandes Australien, oder des Farbenspiels am Himmel über den Wolken beim Blick aus dem Fenster eines Flugzeugs. Aber wie auch in Schumanns Arbeitsweise verändern sich Niesches Werke mit den Lichtverhältnissen im Raum oder mit neuen Blickwinkeln, spielen mit der Gegensätzlichkeit von Objekt und Illusion, nutzen Effekte der Opazität, Transparenz, Reflexion und geometrische Muster, die durch Moiré-Effekte hervorgerufen werden.

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Neben großformatigen in Kommission genommenen Arbeiten zeigt die Ausstellung zwei neue klein-formatige Serien von Unikaten von Regine Schumann und Jonny Niesche aus 2020, die exklusiv von den Künstlern für Collectors Agenda geschaffen wurden.

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Regine Schumann (*1961 in Goslar) beschäftigt sich in ihrer Arbeit mit Lichteffekten, die durch fluoreszierende Materialien verursacht werden. Als Materialien verwendet sie u.a. farbige Polylichtschnüre und verschiedenfarbige Acrylplatten, die sie nach Goethes Farbenlehre zu komplexen Farbräumen komponiert. Die Künstlerin verwendet auch Schwarzlicht bei der Beleuchtung der Objekte, um den Farbspielraum um ein Vielfaches zu erweitern. Der Schwerpunkt ihrer raumspezifischen Installationen liegt in der Erweiterung der bestehenden Architektur um eine Schwingungsdimension und - wie sie es nennt - die Konfiguration einer Raumtemperatur. Der Einbezug bildhauerischer Prinzipien wie Hängen, Legen, Arrangieren, Verspannen, Umhüllen ist charakteristisch für die Arbeit Regine Schumanns und führt das Denken in Farben und Farbräumen in eine räumlich erfahrbare Plastizität über.

Regine Schumann studierte von 1982 bis 1989 Bildende Kunst an der Hochschule für Bildende Künste Braunschweig. Im Jahr 1989 wurde sie als Meisterschülerin von Roland Dörfler anerkannt. Von 1986 bis 1994 war sie Mitglied der Künstlergruppe Freiraum, bestehend aus Frank Fuhrmann, Dieter Hinz und ihr selbst. Neben zahlreichen Stipendien (u.a. 1990 ein DAAD-Stipendium für Italien und 2000 ein Stipendium des Landes Nordrhein-Westfalen für Japan) und Aufträgen für öffentliche Kunst erhielt sie 2006 den Leo-Breuer-Preis. Regine Schumann lebt und arbeitet in Köln.

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Jonny Niesche (*1972 in Australien) lebt und arbeitet in Sydney. Ausgehend vom visuellen Referenzrahmen der Glam Rock-Ära und ihrer kosmetisch geprägten Gegenkultur, schafft Niesche Gemälde, Skulpturen und Installationen von erhabener Anmut, die sich intensiv mit der Wahrnehmung von Farbe, Oberfläche und Räumlichkeit auseinandersetzen. Mit Konstruktionen aus Stahl oder Spiegelglas und digitalen Druckprozessen auf transparenten Stoff löst der Künstler Erfahrungen aus, die teilweise psychosexueller, metaphysischer, oberflächlicher oder rhapsodischer Natur sind, und Betrachter in einem Moment “performativer Kontemplation” verweilen lassen.

Niesche hat einen Master of Fine Arts am Sydney College of the Arts und studierte bei Heimo Zobernig an der Akademie der bildenden Künste Wien. Im Jahr 2015 wurde ihm das Fauvette-Loureiro-Reisestipendium verliehen. Er veranstaltete zahlreiche Einzelausstellungen, insbesondere bei Zeller van Almsick in Wien, New Jörg Kunstverein in Wien, in der Lundgren Gallery, Palma de Mallorca, in der Sarah Cottier Gallery in Sydney und in der Station Gallery Melbourne. Niesche hat an Gruppenausstellungen bei Artspace in Sydney, der National Gallery of Victoria in Melbourne und dem Museum of Contemporary Art, Sydney, teilgenommen. Das Museum für Zeitgenössische Kunst in Sydney beauftragte Niesche außerdem, zusammen mit Mark Pritchard ein neues Werk für das Festival Vivid zu schaffen. Seine Arbeit befindet sich in den Sammlungen des Museum of Contemporary Art in Sydney, des Museum of Old and New Art in Hobart und der National Gallery of Victoria in Melbourne sowie in Privatsammlungen in den USA, Europa, Asien und Australien.

Kuratiert von Florian Langhammer
Text: Florian Langhammer
Fotos: Christoph Liebentritt, Hugh Stewart (Portrait Jonny Niesche), Damien Rossellen (Portrait Regine Schumann)

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