Der bildende Künstler Toni R. Toivonen (*1987, Helsinki) befasst sich mit der Dualität des Lebens und reflektiert über die verschiedenen Seiten von Existenz. Er ist vor allem bekannt für seine gold schimmernden Messingwerke, die entstehen, indem er Tierkadaver auf Messingplatten arrangiert und das Messing durch den Verwesungsprozess oxidieren lässt. Der Körper eines toten Tieres zerfällt und hört auf zu existieren, aber er hinterlässt immer noch seine Präsenz, und ein Gemälde geht daraus hervor. Sein Prozess ist physisch und mag als grotesk oder sogar makaber angesehen werden, aber die in die Messingplatte eingebrannte Spur schafft ein ästhetisches Bild, das friedlich und würdevoll zugleich ist.
In Zusammenarbeit mit der Galerie Forsblom in Helsinki und dem Finnland Institut in Berlin stellt Collectors Agenda das Werk von Toni R. Toivonen erstmals der österreichischen Öffentlichkeit vor und zeigt eine Reihe kleinformatiger Arbeiten mit Hasen, Mäusen und anderen Kleintieren.
Toni R. Toivonen glaubt an die Realität von Materie, auch in einem malerischen Kontext, in dem er sich bewegt. Laut dem Künstler stellen seine Messingarbeiten keine Abbildungen von einem Tier dar, sondern sie sind das Tier, da dessen Salz, Fett und andere Flüssigkeiten eine chemische Reaktion mit der Messingplatte eingehen und auf diese Weise der letzte „Moment der Existenz“ des Tieres konserviert wird.
Im Mittelpunkt der Praxis von Toivonen steht die Auseinandersetzung mit der Dualität des Lebens: „Man braucht Schatten, um das Licht zu verstehen. Man muss gewissermaßen den Tod anerkennen, um das Leben zu verstehen.“
Sein Werk kann in verschiedenen Kontexten diskutiert werden. Die chemische Reaktion auf Messing erinnert an die frühe Fotografie, die mit Silbergelatine arbeitet. Seine Arbeit kann auch Assoziationen mit grafischen Prozessen bei der Herstellung von Drucken hervorrufen. Und der äußerst körperliche Aspekt, der mit der Produktion eines seiner Kunstwerke verbunden ist und der sich im Werk selbst fortsetzt, mag einen skulpturalen Ansatz erkennen lassen.
„Wenn ich (meine Praxis) selbst beschreiben müsste, würde ich es konzeptionelle Malerei oder konzeptionelle Kunst nennen“, meint Toivonen über sein Werk, „weil die Kunst sich noch im Prozess befindet.“
Vor allem ein österreichisches Publikum mag sich an die Praxis des Malers Hermann Nitsch erinnert fühlen, der zu einer Gruppe von Wiener Aktionisten gehört, die sich das Konzept des „Ereignisses“ und der Fluxus-Bewegung der USA der 1960er Jahre aneignete. Für seine „Ereignisse“ inszeniert Nitsch aufwühlende orgiastische Szenen mit dem Blut und den Körpern von Schlacht-tieren, die an heidnische Riten erinnern.
„Mir geht es ähnlich, was meine eigenen Werke betrifft. Das Kunstwerk ist ein Ort des Geschehens. Jede Arbeit stellt ein anderes Ereignis dar. Das Kunstwerk – beziehungs-weise was man sieht – ist ein Relikt von etwas, das geschehen ist und dieses ‚Etwas‘ ist Kunst.“, so Toivonen.
Toni R. Toivonen schloss 2016 sein Studium an der Academy of Fine Arts in Helsinki ab. Er begann als Maler, hatte aber seitdem mit verschiedenen Techniken gearbeitet und experimentiert, um letztlich zu einem stärker konzeptionell geprägten Ergebnis zu gelangen.
Seine Werke wurden in Finnland, London und New York ausgestellt, und befinden sich in öffentlichen Sammlungen wie dem MOCAK Museum of Contemporary Art in Krakau, dem Kiasma Museum of Contemporary Art, der Saastamoinen Foundation, dem Sara HildénMuseum of Art, der Heino Art Foundation Collection und dem Vantaa Art Museum Artsi. Er gewann den globalen Wettbewerb The Art of Basware 2014, der für Künstler unter 30 Jahren ausgerufen wird.
Toni R. Toivonen wird vertreten von der Galerie Forsblom, Helsinki und Stockholm. Er lebt inmitten der Wälder, irgendwo in Finnland.
Text: Florian Langhammer
Fotos: Florian Langhammer