Huda Takriti wurde in Syrien geboren, wo sie Kunst an der Universität von Damaskus studierte. Sie setzte ihre Ausbildung am Institut für Bildende und Mediale Kunst an der Universität für Angewandte Kunst in Wien fort, der Stadt, in der sie auch heute noch lebt. Als transdisziplinäre Künstlerin nutzt sie Video, Film, Installation, Malerei und performative Situationen, um traditionelle Wahrnehmungen von Geschichte und Politik in Frage zu stellen. Ihre Arbeit ähnelt einer Collage, in der die Verbindungen zwischen persönlichen Erinnerungen und der Geschichte des Nahen Ostens miteinander verflochten werden, um neue Sichtweisen auf Kolonialismus, Feminismus und Erinnerung zu erschließen.
Huda, was hat dich dazu bewogen, Künstlerin zu werden?
Nun, als Kind habe ich immer gezeichnet, und so meldete mich meine Mutter für einen Zeichenkurs an, den ich bis zu meinem 18. Lebensjahr besuchte. So machte es für mich einfach mehr Sinn, Kunst zu studieren als alles andere! Hätte ich mich nicht für Kunst entschieden, wäre es wohl Mathematik geworden.
Wie hast du das Kunststudium in Damaskus erlebt?
Wenn ich zurückdenke, gab es nur eine einzige junge Professorin, die mit Installation und Video arbeitete; sie hatte eine Weile in Frankreich studiert. Alle anderen Professoren waren 80-Jährige, die in der Sowjetunion ausgebildet worden waren. Sie hatten eine genaue Vorstellung davon, was und wie ein Gemälde sein sollte. Allerdings interessierte ich mich da bereits viel mehr für Video als für Malerei. Aber weil Installation und Video für diese Professoren eben nicht als „Kunst“ galten, wurde mir klar, dass es keine Chance gab, mich an meiner Universität weiter mit diesen Medien zu beschäftigen.
Der Bürgerkrieg in Syrien brach 2011 aus; du warst damals noch Studentin. Spürtest du damals einen Bruch, eine Veränderung, etwas Politisches, das ins Spiel kam?
Natürlich war es der Beginn von politisch hochbrisanten Jahren, und es betraf uns alle und jeden Aspekt unseres Lebens. Ich spürte das Bedürfnis, mich mit der Geschichte und den politischen Formationen meines Landes zu beschäftigen, um zu begreifen, wie wir in eine solche Situation gekommen waren. Und je weiter ich in der Geschichte zurückging, desto mehr erkannte ich, wie sehr die Aufstände des „Arabischen Frühlings“ miteinander verbunden sind. So wurde mein Interesse an der Geschichte der Region geweckt, und das zeigte sich bald in meiner Arbeit.
Du hast Syrien dann 2016 verlassen?
Ja, ich war 2014 im Rahmen einer Künstlerresidenz in Österreich und hörte von dem Fach Transarts an der Universität für angewandte Kunst in Wien. Ich legte die Aufnahmeprüfung ab; dieser Kursus schien mir alles zu bieten, was mir in Syrien fehlte. Dort lernt man „nur“ malen.
Ist das nicht auch wichtig?
Auf jeden Fall, und ich bin sehr dankbar für das, was ich dort gelernt habe. Außerdem war es für uns verpflichtend, während der vier Studienjahre Kurse in Kunstgeschichte und Critical Studies zu belegen. Heute denke ich, dass sich mein akademischer Hintergrund aus der Malerei in der Art und Weise widerspiegelt, wie ich an den Kompositionen für meine Videos arbeite und wie ich alles zusammenfüge.
Lass uns über deine Arbeit sprechen: Wie fängst du an? Woher nimmst du deine Inspiration?
Meine Arbeit beginnt immer mit persönlichen Begegnungen, mit jemandem, der mir etwas erzählt … Es gibt zum Beispiel eine Arbeit, die ich 2016/17 gemacht habe, und mein Ausgangspunkt war dieses bekannte arabische Lied aus den 1940er Jahren über Wien; dass es der Himmel auf Erden ist und so weiter. Gesungen wird es von Asmahan, einer syrischen Diva, die nie in Wien gewesen war, ebenso wenig wie der Songwriter oder der Komponist! Aber das Lied ist so berühmt, dass sogar ein kleiner Junge anfing, es für mich zu singen, als er hörte, dass ich in Wien studiere. Diese Begegnung brachte mich zum Nachdenken: Wie kommt es, dass ein Kind ein Lied aus den 1940er Jahren kennt und diese spezielle Vorstellung von Wien hat?
Und zu welcher Arbeit führte das?
Zu einem ortsspezifischen Video aus dem Jahr 2018 mit dem Titel The Euphoric Nights in Vienna; Here and Elsewhere; der erste Satzteil ist der Titel des alten Songs. Es stammt aus einem Musicalfilm; da sieht man ein Wiener Palais im Hintergrund, und die Schauspielerin läuft herum, tanzt Walzer und singt darüber, wie toll Wien ist. Also habe ich sie aus dem Video herausgeschnitten und den Hintergrund noch einmal gefilmt. Das Palais im Film war zufällig das Gebäude der Universität für angewandte Kunst, an der ich damals studierte. Dann habe ich die Sängerin wieder in den Film implementiert. In meiner Arbeit geht es um die Gegenüberstellung des Wiens, über das sie singt, mit dem Wien, das ich kenne. Und schließlich mit dem Ort, an dem die Arbeit ausgestellt wird.
Eine weitere Inspirationsquelle scheint deine Familiengeschichte zu sein?
Ja, weil ich neugierig darauf bin; meine Mutter erzählte mir immer so viele spannende Geschichten über ihre Familie, die alle in interessanten historischen und politischen Epochen spielten. Meine Großmutter, Hikmat Al-Habbal, war zum Beispiel eine Künstlerin, die webte und Tapisserien herstellte, und in den 1950er und 1960er Jahren auch als Modedesignerin und Kunstlehrerin in Kuwait tätig war. Aber als sie nach Syrien zog, wurden ihre Webarbeiten zum „bloßen Handwerk“ degradiert und nicht ausgestellt. Heute gibt es nur noch ein fertiges Kunstwerk von ihr, das meine Mutter besitzt; und viele unfertige Werke, um die sie sich kümmert. Meine Großmutter hat absichtlich einige Arbeiten unvollendet gelassen, in der Hoffnung, dass meine Mutter oder wir, ihre Enkelkinder, sie fertigstellen würden. Deshalb arbeite ich gerade an einem Werk, in dem ich die Möglichkeit auslote, diese Arbeiten zu vollenden – natürlich auf meine Art.
Wie kann man sich das vorstellen?
Ich arbeite an einer Zweikanal-Videoinstallation, in der ich das Persönliche und das Politische verbinde: Einerseits zeige ich meine Mutter, wie sie diese unfertigen, empfindlichen Webarbeiten entfaltet. Gleichzeitig präsentiere ich Fotoalben, die die Umzüge meiner Großmutter von Syrien über den Libanon bis nach Kuwait nachverfolgen. So verbinde ich schließlich die Arbeit meiner Großmutter mit den Fotos und zeige, wie alles mit der Geschichte der Region zusammenhängt. Denn in der arabischen Welt ist alles miteinander verbunden! Und meine Familie ist ein gutes Beispiel dafür: Ich glaube, ich habe sowohl marokkanische als auch ägyptische Verwandte.
Soll also deine persönliche Geschichte auf diese Weise allgemeine Gültigkeit erlangen; zeigen, dass jeder und jede ähnlich betroffen ist?
Natürlich. In meiner Arbeit geht es immer um die Verschränkung von Persönlichem und Politischem.
Um dies zu erreichen, überlagerst du ästhetisch ansprechende Bilder aus Familienalben oder dergleichen mit dokumentarischeren Bildern. Wie entscheidest du, was zusammenpasst?
Es kommt auf den Arbeitsprozess an. Sobald ich weiß, wo ich anfangen will, nehme ich mir Zeit für die Recherche, sammle Bilder und Ideen. Die Erstellung eines Videos kann bis zu zwei Jahren dauern. Es gibt so viele Schichten und Verbindungen, die ich entdecken und dort einbauen möchte! Die endgültige Version des Filmes entsteht erst während der Bearbeitung, indem ich zwischen den verschiedenen Bildern hin- und herklicke und sie zueinander in Beziehung setze. Manchmal verwende ich auch Text, wenn ich den Eindruck habe, dass das Bild nach mehr verlangt. Mein Skript für das Video sieht tatsächlich aus wie ein Moodboard; ich habe es auf einem Monitor geöffnet, und die Bearbeitung erfolgt auf einem anderen.
Neben dem Text arbeitest du manchmal auch Malerei mit ein, oder?
Nun, was in meinen Videos vielleicht wie ein Gemälde aussieht, ist bloß eine 3D Arbeit, die ich vorher skizziert habe. Ich male nicht mehr – es ist wesentlich billiger, am Laptop zu arbeiten (lacht)!
Manche Sequenzen in deinen Videos fühlen sich traumartig an – ist das Absicht?
Ja, und das mag an meiner Ausbildung liegen – irgendwie fühle ich mich immer noch als Malerin! Ich mag es immer, den von mir verwendeten historischen und dokumentarischen Bildern einen traumhaften Aspekt zu verleihen. Wenn ich bei der Recherche für eine Arbeit auf etwas Verträumtes oder Surrealistisches stoße, werde ich es wahrscheinlich verwenden.
Viele deiner Werke drehen sich um Frauen: eine Sängerin, deine Großmutter, Freiheitskämpferinnen … Warum ist das so?
Nun, ich bin in einem feministischen Haushalt aufgewachsen und habe immer zu meiner Mutter aufgeschaut; sie war schon in jungen Jahren politisch aktiv, da sie aus einer sehr facettenreichen und politischen Familie stammt. Sie ist eine sehr begabte Geschichtenerzählerin, es ging um inspirierende weibliche Figuren in ihrem Leben, ob sie nun Familienmitglieder waren oder nicht. Als mein Interesse an der Politik in der arabischen Welt wuchs, schaute ich auf die Situation der Frauen und wie sie sich im Laufe der Jahre politisch engagierten. Dies geschah im Rahmen von Befreiungsbewegungen wie der Nationalen Befreiungsfront in Algerien und während des Aufstiegs der arabischen nationalistischen Bewegung in Ägypten und Syrien. Und ich verglich die Situation damals mit jener im heutigen Nahen Osten. So steigt etwa die Zahl der obdachlosen Frauen in Algerien stetig. Denn das dortige Familienrecht spricht geschiedenen oder verwitweten Frauen jegliche Rechte ab; ihre Familienangehörigen müssen sie nicht wieder in den gemeinsamen Haushalt aufnehmen. Ich denke, dass es einen großen Widerspruch zwischen der wichtigen Rolle gibt, die Frauen während des Befreiungskampfes in den 1960er Jahren spielten, und der Art und Weise, wie sie heute behandelt werden.
Wie nimmst du die Sicht auf Frauen in der arabischen Welt wahr?
Es ist sehr schwer, das zu verallgemeinern, da wir über verschiedene Länder sprechen. Die Erfahrung einer katarischen Frau kann sich zum Beispiel von der einer marokkanischen oder syrischen Frau völlig unterscheiden. Dabei spielen unterschiedliche soziale und wirtschaftliche Faktoren eine Rolle. In den 1970er Jahren, während der panarabischen Bewegung, brachten Zeitschriften wie Al-Hilal und The Arab Illustrationen von Kämpferinnen auf ihre Titelseiten. Die Bewegung strebte nach Emanzipation und einer inklusiveren Zukunft. Aber all diese Bilder könnte man heute als reine Ästhetik abtun; sie führten nicht zu einer wirklichen Verbesserung des Lebens der Frauen. Ich bin mir immer noch nicht sicher, wann oder wie es dazu kam. Wir sehen jetzt die Debatte in den USA oder Polen über Abtreibungsgesetze. Vor Frauen liegt überhaupt noch ein langer Weg, nicht nur in der arabischen Welt.
Und das würdest du gerne ändern?
Ich wünsche es mir! Deshalb ist mir die Verbindung zwischen dem, was damals geschah, und dem, was heute passiert, so wichtig. Aber mir geht es nicht nur darum, eine feministische Perspektive zu vertreten. Ich bin mir des westlichen Blicks auf den Nahen Osten und meiner eigenen Präsenz und Arbeit in einem westlichen Kontext sehr bewusst. Ich möchte diesen Kontext in Frage stellen und eine nicht-westliche Perspektive in diese Themen einbringen.
Und damit Stellung beziehen zum Kolonialismus?
Ja, ich möchte auf den westlichen Blick auf den Kolonialismus und den sogenannten „orientalischen Blick“ hinweisen. Jetzt, wo ich mit französischen Archiven arbeite, die diesen „Traum vom Orient“ in Bezug auf Algerien, Marokko und Nordafrika aufgreifen, ist mir dieser spezielle Blick sehr bewusst geworden.
Hinterfragst du generell die Wahrheit in Bildern?
Ja. Vor allem, wenn es sich um historische Bilder handelt! Aber das gilt auch für Aktuelles: Auch ich kann ein Foto aus einem fiktiven Film nehmen, es in einen dokumentarischen Raum einfügen und als etwas Faktisches präsentieren. Es ist interessant, wie Bilder einerseits Geschichten erzählen aber andererseits auch doppeldeutig sein können.
Hast du das Gefühl, dass Bilder heute nicht mehr vertrauenswürdig sind?
Vielleicht. Ich denke, es hängt mit der schnellen Verbreitung von Fotos in den sozialen Medien zusammen und mit der Möglichkeit, heutzutage so einfach KI-generierte Bilder erstellen und verbreiten zu können.
Also, was denkst du? Sollen wir den Bildern noch glauben?
Es ist interessant, wenn man Bilder heute als Hüter der Wahrheit sehen möchte. Die Art und Weise, wie wir Bilder betrachten oder gar gestalten, ist ganz anders als vor 40 oder 50 Jahren, und unterscheidet sich wiederum davon, wie die Menschen sie in den Anfängen der Fotografie betrachteten. Aus heutiger Sicht würde ich sagen: Bevor man einem Bild glaubt, sollte man genau hinsehen und versuchen, dessen Quelle zu finden! Auch ich tappe immer wieder in diese Falle und brauche Zeit, um zu erkennen, dass etwas in 3D bearbeitet oder hergestellt wurde und damit nicht real ist.
Algerien scheint ein wiederkehrendes Thema in deiner Arbeit zu sein, obwohl du selbst nicht Algerierin bist. Woher kommt dieses Interesse?
Es hat seinen Ursprung in der panarabischen Bewegung und ihrer Geschichte. Meine Familie war sehr politisch; wir hatten viele Zeitschriften und Bücher über Algerien aus den 1950er, 1960er und 1970er Jahren zu Hause. Die Verbindung zwischen den Geschichten dieser Frauen in den Büchern – einige von ihnen Freiheitskämpferinnen – und der Geschichte der arabischen Welt interessierte mich. In meiner Arbeit geht es nicht um Algerien als solches oder Syrien als solches. Das französische und britische Mandat teilten das Gebiet auf, das früher Großsyrien genannt wurde. Damals umfasste es Syrien, den Libanon, Palästina und Jordanien. Nur weil ich aus Syrien komme, heißt das nicht, dass ich keine historischen oder ideologischen Verbindungen zu Algerien, dem Libanon oder Ägypten habe. Politisch und historisch ist alles miteinander verbunden.
Im Zentrum deiner Arbeit stehen häufig Konflikte im Nahen Osten, die bis in die 1950er und 1960er Jahre zurückreichen. Dabei studiertest du in Damaskus, als 2011 der Krieg ausbrach … Warum sollte man sich auf Kriege konzentrieren, die weit zurückliegen, anstatt auf solche, die zeitlich viel näher sind?
Die Untersuchung vergangener Kriege kann uns helfen, die aktuelle Situation zu verstehen. Ich habe das Gefühl, dass die Politik und die Strategie der heutigen Regimes mit dem verbunden sind, was damals geschah. Deshalb halte ich es für wichtig, zurückzublicken. In meiner Arbeit kann ich mein jetziges Leben nicht von dem trennen, was vorher geschehen ist. Und es geht nicht nur um mich. Denn selbst wenn man sich entscheidet, eine Blume zu malen, steckt darin etwas Politisches, das mit der eigenen Herkunft, Identität, den politischen Ansichten usw. zu tun hat.
Glaubst du, dass Kunst politisch sein sollte?
War sie das nicht immer? Schon Michelangelo wurde ja von der Kirche beauftragt, all diese Meisterwerke zu schaffen. Macht spielte damals eine Rolle in der Kunst und tut es auch heute noch. Die Herkunft des Geldes, das im Laufe der Geschichte für Kunst ausgegeben wurde, ist mit der Politik jener Zeit verflochten. Und doch liegt es an jedem Künstler, diese Verbindung für sich selbst herzustellen oder nicht. Für mich ist die Quelle jedes mir zur Verfügung stehenden Materials politisch. Der Kauf einer bestimmten Farbmarke, die in einem Land mit einem aus einem anderen Land importierten Pulver hergestellt wird, ist auf einen politischen Prozess zurückzuführen. Ich arbeite mit digitaler Technologie, und mir ist bewusst, dass der Großteil meiner „Werkzeuge“ aus dem Kobaltabbau im Kongo stammt. Bevor ich mich also auf das neueste technische Produkt stürze, das bei der Erstellung meiner Videoarbeiten verwendet werden kann, versuche ich mich zu fragen, ob das Werk es wirklich braucht oder ob es nur eine schicke Ergänzung ist. Wenn ich es nicht unbedingt brauche, dann werde ich es nicht verwenden. Denn auch wenn ich selbst nichts Politisches sage, könnte das die bloße Verwendung eines Materials tun …
Apropos politische Meinungsäußerung – denkst du jemals daran, nach Syrien zurückzukehren?
Ja, das tue ich, aber jetzt ist offensichtlich kein guter Zeitpunkt. Jedes Mal, wenn ich zu Besuch bin, sehe ich ja die wirtschaftliche Situation. Alles bricht zusammen. Alle Kunstgalerien und Kunsträume sind 2011 nach Dubai, Paris usw. umgezogen. In Syrien gibt es leider nichts mehr. Natürlich könnte man Arbeiten in Off-Space-Räumen zeigen, aber ohne entsprechendes Einkommen! Und wenn ich an die Art und Weise denke, wie ich mit Archiven arbeite … Ich glaube einfach nicht, dass ich meine Forschung so umsetzen könnte, wie ich es mir vorstelle.
Und wahrscheinlich auch nicht sagen, was du willst, zumindest nicht offen. Rührt die Tatsache, dass sich deine Arbeit aus verschiedenen Schichten zusammensetzt, auch daher, dass du dich verstecken musst?
Das kann man so sagen. Ich persönlich schätze jedoch prinzipiell keine Kunst, die bereits auf den ersten Blick verstanden werden kann. Ein Kunstwerk sollte sich nicht auf einmal offenbaren. Ich will von der Arbeit herausgefordert werden, und ich möchte ihre Bedeutung selbst für mich erschließen; das finde ich viel interessanter. Und genau das möchte ich auch mit meiner Arbeit erreichen.
Im Moment lebst du in Wien. Wie beurteilst du die Arbeits- und Lebensbedingungen hier?
Irgendwie scheine ich in einer Hassliebe zu Wien zu leben, denn es ist eine zweischneidige Situation. Auf der einen Seite kann ich mich wirklich nicht beschweren: Seit ich 2020 meinen TransArts Master abgeschlossen habe, bekomme ich immer wieder Ausstellungen, Projekte und Residenzen. Die Finanzierung meiner jetzigen Doktorandenstelle an der Akademie der bildenden Künste ermöglicht es mir zudem, mich auf meine Forschung und Arbeit zu konzentrieren. Auf der anderen Seite gibt es immer noch das unterschwellige Gefühl, ein Außenseiter zu sein, dem es die Bürokratie zunehmend schwer macht, wohin ich mich auch wende. Ich schließe also nicht aus, eines Tages wegzuziehen.
Wie geht es für dich beruflich weiter?
Nun, im Jahr 2024 wird das Video über die Kunstwerke meiner Großmutter im Kunstraum Lakeside in einer Einzelausstellung und danach in einer Gruppenausstellung im Künstlerhaus Wien gezeigt. Ich plane auch meinen ersten Spielfilm, der auf einem Video basiert, das ich in der Crone Gallery präsentiert habe. Es hinterfragt die verborgene Geschichte der algerischen Freiheitskämpferinnen, die während des Algerisch-Französischen Krieges gegen die Franzosen kämpften, und ihre anschließende Darstellung in Gillo Pontecorvos Film Die Schlacht von Algier von 1968.
Interview: Alexandra Markl
Fotos: Maximilian Pramatarov