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Neil Beloufa, Montreuil

In the Studio

»Kunst spielt keine Rolle. Es ist ein symbolischer Kampf.«

Mit der Intention, Bewertungen, kulturellen Zynismus und Ironie zu vermeiden, schafft der französisch-algerische Künstler Neïl Beloufa Werke, die unsere zeitgenössische Realität reflektieren und darstellen. Er beschäftigt sich mit der Nutzung neuer Systeme und Technologien wie Gamification und Blockchain, um „virtuosere“ Methoden in der Kunstwelt zu entwickeln – eine Auseinandersetzung, die seine Ausstellung Pandemic Pandemonium in der Secession in Wien beeinflusst hat. Wir sprachen mit Beloufa über den sozialen Druck in kulturellen Räumen, warum er sich nicht wirklich als Künstler sieht und warum er glaubt, dass die Pandemie eine Beta-Version der Zukunft ist.

Neïl, wann hast du angefangen, dich für Kunst zu interessieren?
Anfänglich wollte ich Grafikdesigner werden und besuchte eine Kunstgewerbeschule, aber dort habe ich mich sehr gelangweilt, und außerdem war ich nicht sehr gut darin. Dann bewarb ich mich an einer Kunsthochschule und begann, abends und an den Wochenenden zusammen mit Kollegen Vorlesungen zu besuchen. Ich hatte das Gefühl, dass ich dort experimentieren und viel interessantere Dinge ausprobieren konnte … Ich fühlte mich im Bereich der bildenden Künste freier, als wenn ich nur darüber instruiert werden würde, wie man Kunden bei der Entwicklung von Webseiten hilft.

Wer oder was hat dich in der Zeit, in der du an diesen beiden Schulen studiert hast, künstlerisch am meisten inspiriert?
Ich war sowohl vom Film als auch von der Kunstgeschichte fasziniert. Ich hatte kein bestimmtes Vorbild, und meine Einflüsse und Interessen änderten sich laufend. Ich habe viel konsumiert. Ich denke, wenn ich heute Student wäre, würde ich TikTok konsumieren, aber das war, bevor es solche Plattformen gab. Zudem gab es nur sehr wenige Online-Magazine; es gab keine Contemporary Art Daily oder Internetportale, die Kunst in den Mainstream brachten. Ich bin in den 1990er-Jahren mit den Arbeiten des deutschen Filmemachers Harun Farocki und anderer Künstler aus dem damaligen Frankreich aufgewachsen. Ich schätze, ich bin ein Kind dieser Generation. Ich verabscheue es allerdings, Namen aufzulisten, daher wirst du das von mir nicht bekommen.

Du hast einige Zeit in den USA verbracht und ein Austauschprogramm am California Institute of the Arts und an der Cooper Union in New York absolviert. Was hat dich gereizt, in Amerika zu studieren? Gab es etwas an der amerikanischen Kunstszene, was dich interessiert hat?
Ich habe zwei verschiedene Studiengänge absolviert, also hatte ich die Möglichkeit, zwei Austausche zu machen. Ich glaube, es war falsch von mir, das zu tun. Für meine Generation war die Anziehungskraft Amerikas sehr groß. Ich wollte unbedingt mindestens einmal in meinem Leben nach New York und L.A. gehen, das klang einfach cool. Ich hatte mir das aber nicht wirklich genau überlegt, ich hatte einfach nur diesen innigen Wunsch, die Welt zu sehen. Später hatte ich ein schlechtes Gewissen, weil mir klar wurde, dass ich eigentlich in den globalen Süden hätte gehen sollen.


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Was sind einige der wichtigsten Dinge, die du während deiner Zeit in Amerika gelernt hast und die dich als Künstler beeinflusst haben?
In Amerika haben die Menschen eine sehr pragmatische und weniger romantische Beziehung zur Kultur. Sie verstehen, dass es sich um einen Job handelt und dass die Menschen kämpfen müssen, um zu überleben. Anders als in Europa sind die amerikanischen Kunststudenten verschuldet und werden nicht vom Staat geschützt. Sie wachsen nicht mit dem Mythos auf, dass man Künstler sein kann und sich keine Sorgen um Geld machen muss. Wenn man nicht aus einer wohlhabenden Familie kommt, ist es ein großes Risiko, sich für ein Kunststudium zu entscheiden. Sehr schnell muss man seine eigenen Wirtschaftsmodelle entwickeln, um zu überleben. Ich komme aus Algerien, einem Land mit einer Geschichte von revolutionären linken Menschen. Als ich in die USA ging, habe ich den Wert und die Notwendigkeit dieser Anti-Establishment-Denker verstanden. Ich glaube, diese Faszination für den sozialen Klassenkampf hat meine Arbeitsweise wirklich verändert. Ich hatte weniger Angst davor, Dinge auszuprobieren, weil Kunst gleichbedeutend mit Überleben wurde. Ich dachte mir dann: „Wenn ich nicht etwas mache, habe ich nichts zu essen.“ Ich hatte auch weniger Angst davor, die Popkultur zu benutzen, um meine Arbeit zu beeinflussen. Ich hatte nicht mehr das Gefühl, mich selbst auf die intellektuellen Schichten beziehen zu müssen, sondern kam an einen Punkt, an dem ich sagen konnte: „Ja, ich sehe mir beschissene Filme an“ oder „meine Praxis ist von Sylvester Stallone beeinflusst“.

Wie bist du nach deinem Studium in die Kunstbranche eingestiegen?
Zunächst habe ich als Assistent bei verschiedenen Künstlern gearbeitet, die mich im Wesentlichen darin schulten, kreativ zu denken. Ich hatte auch sehr viel Glück. Einer der Filme – Kempinksi (2007) –, den ich während einer Exkursion mit meiner Klasse von der Kunsthochschule produziert hatte, stieß auf großes Interesse in der Film- und Kunstbranche. Verschiedene internationale Filmfestivals und Museen für zeitgenössische Kunst wollten ihn zeigen. Zu der Zeit war ich noch sehr jung. Ich hatte nicht wirklich beschlossen, meine Karriere auf diese Weise zu beginnen, es ist einfach passiert.

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Zu den zentralen Themen deiner Arbeit gehören Macht, Datenerfassung und digitale Überwachung, nationalistische Ideologien, postkoloniales Weltverständnis, soziale Konflikte zwischen Mehrheits- und Minderheitsgesellschaften, Hegemonie und Unterdrückung. Wie wurden diese vielfältigen Themen zu deinem Anliegen als Künstler?
Sie sind nicht für mich als Künstler, sondern für mich als Mensch wichtig geworden. Um ehrlich zu sein, sehe ich mich nicht wirklich als Künstler: Ich glaube nicht, dass dieses Wort eine gute Beschreibung meiner Arbeitsweise ist. Ich habe kein Handwerk, ich kann nichts herstellen, und ich habe keinen persönlichen Stil oder eine Vision. Ich habe nur Strategien und Strukturen. Ich simuliere Zwänge aus der Außenwelt und schaue, was ich mit ihnen machen kann, indem ich ein Produktionsmodell verwende, das mich interessiert. Ich glaube, dass Kunst aus den Zwängen des Systems entsteht, dessen Teil sie ist. Ein Beispiel: Ich hätte keine Lust, in einem White-Cube-Raum zu arbeiten, wenn der White Cube mich nicht bezahlen würde. Die Form meiner Arbeit hat sich aus der Tatsache ergeben, dass ich nur überleben kann, wenn ich in solchen Kontexten ausstelle. Was die digitale Überwachung und Datenerfassung angeht, so bin ich im Grunde ein wirklich paranoider Mensch. Als Facebook eingeführt wurde, konnte ich nicht schlafen. Ich lebte damals in den USA und habe auf Facebook falsche Menschen erschaffen und Skripte über die gegenseitige Kontrolle von Menschen über soziale Medien geschrieben. All diese Dinge machen mir wirklich Angst. Ich glaube, wir leben derzeit in einer wirklich dystopischen Gesellschaft. Für mich ist es die Aufgabe von Künstlern, in dieser Gesellschaft zu existieren, aber auch einen Schritt zurückzutreten und sie mit kritischer Distanz darzustellen.

Das Konzept der kritischen Distanz bezieht sich auf die Tatsache, dass du auf eine moralische Bewertung der Themen, die du in deiner Arbeit behandelst, verzichten willst. Wie vermeidest du es, deine Meinung und dein Urteil über Themen zu äußern, die dir so am Herzen liegen, und warum hältst du es für wichtig, dies zu tun?
Ich mag keine „Bürgerkriege“ oder Eitelkeiten der kleinen Unterschiede. Es gibt keinen wirklichen Unterschied zwischen mir und Jeff Koons, zum Beispiel. Wir haben an dieselben Leute und an denselben Ort verkauft. Auch wenn meine Ziele für die Leute in der Kunstszene ganz anders aussehen als die von Koons, würden Leute außerhalb der kreativen Szene sowohl meine als auch seine Arbeiten gleich ansehen: Objekte an weißen Wänden, die für reiche Leute geschaffen wurden. Die Realität ist, dass Kunst keine Rolle spielt. Es ist ein symbolischer Kampf. Kurzfristig ist sie für die Gesellschaft eigentlich nutzlos, und langfristig … nun, ich bin mir nicht sicher, ob die Gesellschaft überhaupt eine langfristige Zukunft hat. Man muss in einer wirklich starken, kompromisslosen Position sein, um die Gesellschaft beurteilen zu können. Dazu bin ich nicht in der Lage, denn ich habe für mächtige Leute und Institutionen gearbeitet, die mich bezahlen. Ich stehe im Dienst von etwas, das ich kritisiere, und ich weiß das. Dennoch denke ich, wenn die Gesellschaft dem Untergang geweiht ist, ist es besser, zu experimentieren und Risiken einzugehen, als sich nicht beteiligen zu können. Die Teilnahme am soziologischen Diskurs ändert nichts, aber wenn man Arbeit macht und jemanden dafür bezahlt, der normalerweise nicht bezahlt wird, kann das sein Leben verändern.

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Verschiedene Künstler, Einzelpersonen und Organisationen nutzen neue Systeme und Werkzeuge wie die Blockchain-Technologie und NFTs, um autonomer zu werden und sich von den von dir erwähnten aktuellen Machtsystemen zu befreien.
Daran arbeite ich im Moment in meinem Studio. Wir haben ein dezentrales Unternehmen namens EBB gegründet. Wir sind nicht performativ, also gibt es nicht viele Medien über uns. Wir entwickeln Produkte, arbeiten mit Marken und Technologieunternehmen zusammen, nutzen Blockchain, machen unsere Shows zum Spiel und versuchen, neue Produktionssysteme zu schaffen, die unserer Meinung nach tugendhafter sind als die, die derzeit in der Kunstwelt existieren. Wir tun dies, weil ich der festen Überzeugung bin, dass wir keine anderen künstlerischen Ergebnisse erwarten können, wenn wir einfach weiterhin das gleiche kaputte System verwenden, wie wir es seit Jahren getan haben. Man kann nicht auf dieselbe Weise arbeiten wie ein Künstler des 19. Jahrhunderts und nicht erwarten, dass die Ergebnisse identisch sind mit denen der Künstler; das hat der Gesellschaft nicht gutgetan. Ich glaube, dass die Kunst des 20. Jahrhunderts dazu beigetragen hat, die Ideen zu bestätigen, die jetzt die Welt zerstören.

Wir haben viel über schwere Themen gesprochen, aber deine Arbeit versucht auch, humorvoll zu sein, oder? Warum glaubst du, dass Humor in der Kunst wichtig ist?
Ich denke, Humor ist wichtig für das Leben. Humor wird seit Jahrhunderten als kathartische und nicht-aggressive Art der Auseinandersetzung mit komplexen Themen eingesetzt. Er hilft dabei, Menschen mit ins Boot zu holen. Der Aufbau dieser Art von sozialen Beziehungen ist etwas, das ich sehr mag. Allerdings hasse ich sozialen Druck, insbesondere den, der mit Museumsbesuchen verbunden ist. Zehn Jahre lang habe ich mich durch die Umgebung, in der ich gearbeitet habe, unter Druck gesetzt gefühlt. Jetzt, da ich älter werde, macht mir das nicht mehr so viel aus, aber früher bin ich in die White Cubes gegangen und hatte das Gefühl, die Dinge „verstehen“ zu müssen, weil eine Galerie sie für schön oder mächtig befunden hatte, auch wenn ich nicht verstand, warum. Wenn Menschen aus der intellektuellen Klasse, die bürgerlich sind und über wirtschaftliche Mittel verfügen, diesen Druck spüren, kannst du dir dann vorstellen, wie sich das auf Menschen auswirkt, die keinen einfachen Zugang zur Kunst haben, was etwa 80 % der Welt ausmacht? Es ist furchtbar.

Ich denke, es gibt auch einen sozialen Druck, sich in kulturellen Räumen auf eine bestimmte Art und Weise zu verhalten oder zu agieren. Ich komme aus dem Tanzbereich und es gibt viele Diskussionen über die unausgesprochenen „Verhaltensregeln“ in Theatern, die ziemlich ausgrenzend sein können.
Als ich das letzte Mal bei einer Eröffnung war, war ich mit einem Freund in diesem großen, schönen Museum. Ich glaube, es war ein alter Flughafen. Es gab ein Kunstwerk, das sehr weit von uns entfernt stand: ein Stuhl mit einer Glasflasche oder so etwas. Wir gingen durch den großen leeren Raum zu dem Kunstwerk und umrundeten den Stuhl, um ihm die Aufmerksamkeit zu schenken, die ein Kunstwerk nach Meinung der Leute verdient. Die Sache ist die, dass wir schon aus 20 Metern Entfernung wussten, dass es sich um einen Stuhl handelte, wir brauchten nicht hinzugehen, um ihn zu sehen. Es war mir egal, einen Stuhl aus der Nähe zu sehen. Ich meine, ich hatte einen gewissen Respekt vor der Person, die ihn hergestellt hat, aber um ehrlich zu sein, wäre ich lieber gegangen und hätte mir ein Bier geholt. Ich glaube, wir brauchen wirklich einen kulturellen Wandel in der Kunstindustrie. Ich vergleiche das gerne mit der Musik. Ursprünglich war Musik etwas, das eine kleine Gruppe von Intellektuellen beherrschte, dann kam die Technologie auf und ermöglichte die Verbreitung in der breiten Masse. Als Reaktion darauf beschlossen einige Leute, die klassischen Formen der Musik zu schützen und zu bewahren, und gründeten Konservatorien, damit eine ausgewählte Gruppe lernen konnte, wie man Musik kreiert und aufführt, so wie es seit Jahrhunderten gemacht wird. Ich sage nicht, dass das schlecht ist, es ist eine gute Sache. Ich habe Kultur nur aus anderen Gründen abonniert: für soziale Interaktion, Information, Gesellschaft und Menschen. Ich arbeite mit Menschen, und ich möchte auf Menschen zuarbeiten. Im Moment habe ich das Gefühl, dass wir alle nur die gleichen Kunstwerke an verschiedenen Orten sehen, was absurd ist. Man kann eine Kunstweltreise machen und in jedem Land die gleichen Ausstellungen mit den gleichen Leuten sehen. Ich habe das Gefühl, dass das Vokabular und die Themen der zeitgenössischen Kunst vor zehn Jahren festgelegt wurden und nun feststecken.

Erzähl uns von deiner Ausstellung Pandemic Pandemonium, die in der Secession in Wien zu sehen war.
Die Ausstellung schlägt eine andere Art der Präsentation von Werken für ein partizipatives Publikum vor. Wir haben ein spielerisches Ticketing-System entwickelt. Die Besucher erhalten einen Benutzernamen, wenn sie ein Ticket kaufen, und können Punkte sammeln, indem sie sich in die Werke einloggen, sie ansehen oder an einem Quiz teilnehmen. Es ist sehr spielerisch. Am Ende können sie die Kunstwerke mit den gesammelten Punkten kaufen. Man kann die Ausstellung auch nur über das Internet besuchen, aber man bekommt mehr Punkte, wenn man den physischen Raum betritt. Um auf das zurückzukommen, was ich zuvor über den sozialen Druck gesagt habe: Wenn man eine Ausstellung mit Spielen versieht, kehrt sich alles um. Es ist für einen 16-Jährigen viel einfacher, das Spiel zu verstehen und daran teilzunehmen, als für Direktoren von Institutionen. Diese Umkehrung ist eine symbolische Geste und zeigt, dass wir einer neuen Generation Macht geben wollen.

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EBB & Neïl Beloufa, Pandemic Pandemonium, Ausstellungsansicht, Secession 2022, Fotos: © Oliver Ottenschläger

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EBB & Neïl Beloufa, Pandemic Pandemonium, Ausstellungsansicht, Secession 2022, Fotos: © Oliver Ottenschläger

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EBB & Neïl Beloufa, Pandemic Pandemonium, Ausstellungsansicht, Secession 2022, Fotos: © Oliver Ottenschläger

Bist du auf Personen oder Institutionen gestoßen, die sich gegen deine neuen Arbeitsweisen sträuben?
Viele Filmemacher, Künstler und Musiker meiner Generation glauben, dass es ein Problem mit unseren derzeitigen Modellen in der Kunst gibt und dass wir uns ändern müssen, indem wir neue Vertriebsmethoden und Wege finden, mit unserem Publikum in Kontakt zu treten. Viele Menschen sind bereit, dies zu versuchen. Die Secession zum Beispiel ist großartig. Sie wollen etwas Neues ausprobieren. Meine Ausstellung bei ihnen ist ein Experiment. Sie wird wahrscheinlich scheitern, aber darum geht es nicht. Andere Leute wollen sich nicht verändern. Das ist es, was derzeit zu einer Divergenz der Meinungen und Haltungen in der Kunstwelt führt, und das wurde durch COVID beschleunigt.

Zum Thema COVID: Wie hat sich die Pandemie auf deine Praxis ausgewirkt?
Ich betrachte die Pandemie als eine Beta-Version der Neuen Welt. Wenn wir in Zukunft nicht wegen einer Pandemie eingeschlossen sind, dann wegen der globalen Erwärmung, eines Krieges oder etwas anderem. Wir werden uns bemühen müssen, zu überleben und Modelle für diese Realitäten zu finden. Während des Lockdowns beschloss mein Studio, überhaupt nicht zu schließen und stattdessen Wege zu finden, autonom zu arbeiten und verschiedene Arten von nicht-physischen Beziehungen zu Menschen zu entwickeln. Wir haben ein Projekt entwickelt, das in die physische Ausstellung in der Secession eingeflossen ist: Screen Talk. Wir haben Institutionen aus der ganzen Welt gebeten, mit uns zusammenzuarbeiten und sehr kleine Geldbeträge zwischen 300 und 3.000 Euro zu spenden. Mit einem kleinen Budget von rund 11.000 Euro haben wir eine gamifizierte Webseite, eine Miniserie und ein Punktesystem entwickelt, mit dem man über Blockchain zertifizierte Kunstwerke erwerben kann. Das geschah, bevor NFTs groß wurden. Wirtschaftlich gesehen war es ein Misserfolg, aber in Bezug auf die Zahlen war es verrückt. An dem Tag, an dem die New York Times einen Artikel darüber veröffentlichte, sahen sich 30.000 Menschen ein Video an. Das ist ein viel größeres Engagement mit meiner Arbeit, als ich es je zuvor hatte.

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Zu Beginn des Interviews meintest du, dass du dich nicht als Künstler bezeichnen würdest. Welchen Begriff bevorzugst du, um zu beschreiben, was du tust?
Viele Künstler sagen, dass sie nicht wirklich Künstler sind. Das ist wirklich Blödsinn. Ich bin ein Künstler, aber meine Arbeitsweise ist eher die einer Produktionsfirma. Ich arbeite mit zehn bis zwanzig Leuten in Vollzeit. Da ist nichts Romantisches dran. Es ist kein Kollektiv, es ist eine Firma. Manchmal bringe nicht ich die Ideen ein, sondern andere Leute. Langsam versuchen wir, die Idee der zentralisierten Figur des Künstlers zu zerstören. Die Ausstellung in der Secession wird zum Beispiel als von EBB, dem Unternehmen, und nicht nur von Neïl Beloufa realisiert bezeichnet. Das ist der erste Schritt.

Was machst du gerne, wenn du nicht arbeitest?
Ich habe keine Hobbys. Ich arbeite. Ich habe Kinder. Das ist alles, was ich kenne.

Interview: Emily May
Fotos: Elise Toïdé

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